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Claus Sterneck / Claus in Iceland
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Wolfgang Sterneck
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Ynestra King:

ÖKOFEMINISMUS

Das ABC des Ökofeminismus

Alle menschlichen Lebewesen sind natürliche Lebewesen. Trotz dieser Einsicht basiert unsere Kultur auf Umweltverschmutzung und der Herrschaft über die Natur. Da die Frauen nach Ansicht der patriarchalen Kultur mit der Natur mehr verbunden sind als die Männer, ist dieser Aspekt für sie von besonderer Bedeutung. Sie haben ein besonderes Interesse daran, der Herrschaft über die Natur ein Ende zu setzen und die Entfremdung zwischen Mensch und Natur aufzuheben. Dies ist auch das eigentliche Ziel der Ökobewegung, die aber nicht notwendigerweise feministisch ist.

Der größte Teil der ÖkologInnen, die sich für die nichtmenschliche Natur engagieren, hat noch nicht begriffen, daß die Aufhebung der Herrschaft über die Frau auch in ihrem Interesse liegt. Sie übergehen die Tatsache daß die Unterdrückung der Frau wegen ihrer Verbindung zu dieser verhaßten Natur, für welche sie sich einsetzen, praktiziert wird. Sexismus und Naturhaß sind auf's Engste miteinander verbunden und schüren sich gegenseitig. In diesem Wissen analysieren wir die Motive, nach denen Feminismus und Ökologie nicht getrennt werden können und bestimmen die theoretische Grundlage eines ökologischen Feminismus oder auch Ökofeminismus.

Ökologie als Wissenschaft untersucht die Wechselbeziehungen, in denen alle Lebensformen zueinander stehen, mit dem Ziel, die menschliche und die nichtmenschliche Natur miteinander in Einklang zu bringen. Als integrative Wissenschaft im Zeitalter der Fragmentierung und Spezialisierung bildet sie das Fundament und formuliert die Notwendigkeit einer Kritik an der aktuellen Gesellschaft. Als rekonstruierende Wissenschaft zeigt sie eine mögliche Richtung zum Wiederaufbau der menschlichen Gesellschaft in Harmonie mit der natürlichen Umgebung auf.

Was ist soziale Ökologie?

Die soziale Ökologie sieht sich vor die Frage gestellt, wie wir auf diesem Planenten überleben können und wie wir Lebensmittel-, Energiegewinnungssysteme, Architektur- und Lebensformen entwickeln können, die unsere materiellen Bedürfnisse befriedigen, und uns gleichzeitig erlauben, in Harmonie mit der nicht-menschlichen Natur zu leben. Aufgrund dieser Perspektive formulieren einerseits Biologlnnen ihre Kritik im Bereich der Sozialwissenschaften und stellen andererseits SoziologInnen Untersuchungen im Bereich der Bio- und Ökologie an. Diese Anschauung, die bewußt versucht, biologische und soziale Aspekte in die Beziehung zwischen Lebewesen und Umwelt zu integrieren, wird bekanntlich Soziale Ökologie genannt. Soziale Ökologie, vor allem durch Murray Bookchin entwickelt, basiert auf der anarchistischen Theorie, nach der Herrschaft und Hierarchie in der menschlichen Gesellschaft auch die Zerstörung der nicht-menschlichen Natur bedingen. Diese Analyse ist zweifellos äußerst wichtig, dennoch wird soziale Ökologie ohne den Aspekt des Feminismus nie vollständig sein.

Feminismus legt die Fundamente für diese Herrschaftskritik, indem das Muster einer anderen Herrschaftsform aufzeigt wird: jene des Mannes in seiner Beziehung zur Frau. Feminismus schafft damit eine potentiell konkrete, globale Interessengemeinschaft für jene Personen, die sich in höherem Maße dem Leben zuwenden: die Frauen. Die feministische Analyse liefert die Theorie, das Programm und den Prozeß, ohne welche die Radikalitat der sozialen Ökonomie gedämpft bleibt. Ökofeminismus entwickelt den Zusammenhang zwischen Ökologie und Feminismus, ohne welchen die soziale Ökonomie nicht auskommt, wenn sie eine freie, ökologische Lebensform realisieren will.

Was sind das für Zusammenhänge? Die soziale Ökonomie bestreitet das dualistische Weltbild, nach dem Natur und Kultur separate und gegensätzliche Wesenswerte sind. An der Wurzel dieses Gegensatzes steht nach ökofeministischer Auffassung der Sexismus. Die Prinzipien des Ökofeminismus basieren auf den folgenden Überzeugungen:

1. Die Entwicklung der westlichen Industriezivilisation, die sich im Gegensatz zur Natur befindet, steht in dialektischer Wechselbeziehung zur Unterdrückung der Frau und verstärkt diese, weil die Frauen naturnäher eingestuft werden. Ökofeminismus kämpft daher ums Überleben der ganzen natürlichen Welt.

2. Das Leben auf der Erde ist ein dichtes Netz von nicht-hierarchischen Wechselbeziehungen. Es gibt keine natürlichen Hierarchien, sondern nur Projektionen der menschlichen Hierarchie auf die Natur, die benötigt werden, um die soziale Herrschaft zu rechtfertigen. Die ökofeministische Theorie untersucht daher alle Herrschaftsformen, auch die Herrschaft aber die Natur. Ökofeministische Praxis ist notwendigerweise antihierarchisch.

3. Ein gesundes, ausgeglichenes Ökosystem, das menschliche und nicht-menschliche Lebewesen umfaßt, muß die Vielfalt bewahren. Vom ökologischen Standpunkt aus gesehen, ist die Vereinheitlichung der Umwelt ein ebenso gewichtiges Problem wie die Verschmutzung. Der biologischen Vereinheitlichung, d.h. der Eliminierung von ganzen Arten entspricht auf der anderen Seite die Entpersonalisierung der ArbeiterInnen, und somit die Eliminierung der menschlichen Vielfalt bzw. die Vereinheitlichung des Geschmacks und der Kultur durch den Massenkonsum.

Den Ansprüchen der Konsumgesellschaft zufolge wird das menschliche und natürliche Leben buchstäblich auf eine anorganische Ebene reduziert. Nötig ist daher eine globale, dezentralisierte Bewegung, die auf gemeinsamen Interessen basiert und dennoch die Vielfalt hervorhebt, und sich jeder Form von Herrschaft und Gewalt entgegenstellen wurde. Möglicherweise kann der Ökofeminismus diese Rolle erfüllen.

4. Die Sicherung des Überlebens aller Arten erfordert ein neues Bewußtsein von unserer Beziehung zur Natur, unserem Körper und der nicht-menschlichen Natur, die uns umgibt. Sie erfordert eine Diskussion des Dualismus Natur - Kultur und konsequenterweise eine Neustrukturierung der Gesellschaft nach feministischen und ökologischen Prinzipien.

Die Ökobewegung versucht theoretisch und praktisch für die Natur zu sprechen, für das ”Andere”, das keine Stimme hat, und in unserer Zivilisation nicht in subjektiven Begriffen erfaßt wird. Feminismus, auf der anderen Seite, repräsentiert die Verweigerung des Stillschweigens jener, die seit Beginn des Patriarchats als das ”Andere” betrachtet wurden, und die sich nun gleichzeitig weigern, weiterhin als das ”Andere” zu gelten. Ihre Verurteilung der sozialen Herrschaft geht weit über das Problem der Geschlechter hinaus und betrifft jede Art von Herrschaft, da sich die sexuelle Herrschaft, die Rassen-, die Klassenherrschaft und die Herrschaft über die Natur gegenseitig verstärken. Die Frauen sind der ”andere” Teil der menschlichen Gesellschaft, der bisher geschwiegen hat und de jetzt durch die feministische Bewegung spricht.

Frauen, Natur und Kultur

Die westliche Industriezivilisation betrachtet die Natur als Etwas, das es zu beherrschen und besiegen gilt, die sich den Bedürfnissen des Mannes zu versklaven hat. Die Natur ist ihrer magischen Mächte und deren Attributen entkleidet und auf einen Komplex von ”natürlichen Ressourcen” reduziert worden, den die Menschen auszubeuten hatten, um ihre Bedürfnisse und Zwecke zu erreichen, die im Gegensatz zur Natur definiert werden. Mit dem Niedergang der alten Religionen behauptete sich das dualistische Christentum. Mit der Entzauberung der Natur wurden Bedingungen für wissenschaftliche Forschungen und unkontrollierte technologische Ausbeutung geschaffen. Heute leiden wir unter den Konsequenzen des blinden Glaubens an die unbeschränkte Fähigkeit der Wissenschaft, jegliche Probleme lösen zu können: Atomanlagen werden gebaut, ohne die Beseitigung der Abfälle vorzusehen, Satelliten werden inden Weltraum geschossen, ohne ihre möglichen Auswirkungen abgeklärt zu haben.

Auf diese Weise wurde die Natur zum ”Anderen” gemacht, das sich wesentlich vom Herrschen den unterscheidet, das auf ein Objekt reduziert und so unterdruckt werden konnte. Auf dieselbe Art sind die, mit der Natur identifizierten, Frauen zu Objekten reduziert und in der patriarchalen Gesellschaft unterdrückt worden. In diesem Sinne sind Natur und Frauen ”andere”. Simone de Beauvoir hat diese Beziehung bereits 1968 geklärt: Für sie ist die ”Transzendenz” ein Werk der Kultur, ein Werk des Mannes. Als Prozeß, der darauf abzielt, in der ”Immanenz” seine Vernünftigkeit zu beweisen, ist es ein Prozeß kulturell begründeter Herrschaft über die Natur. Die Immanenz wird dabei von den Frauen symbolisiert, als das, was die Männer heimruft, was sie aber auch an die Dinge erinnert, die sie verdrängen machten.

Dies sei vor allem die Sterblichkeit des Mannes, an die die Natur und die Frauen andauernd gemahnen. Deshalb wird die Gebärfähigkeit der Frau klar getrennt von der schöpferischen Kraft, den Kreationen der Kultur, mit denen der Mann seine Unsterblichkeit erreichen machte. Dennoch gelingt es ihm nie, sich vollständig über Frau und Natur zu erheben. Daher die Ambivalenz des anderen, diese Abhängigkeit des Ich vom Anderen, sei es nun materiell oder emotional. (...)

Ein wichtiger Beitrag im Werk Simone de Beauvoir's besteht darin, aufgezeigt zu haben, daß der Mann Frau und Natur nicht nur aus ökonomischen Gründen, sondern auch aus psychologischen Motiven beherrschen will. Nur so gelingt es ihm, einen Teil von sich selbst zu negieren. Dieser Prozeß beginnt mit der gewalttätigen Unterdrückung jeglicher Zärtlichkeit und Empathie bei den Kindern, deren natürliche Neugier und Freude in Arroganz und Destruktivität umgewandelt werden.

Der verleugnete Teil des Mannes kann aber nie ganz ausgelöscht werden. Eine Erinnerung davon bleibt ihm durch das Bewußtsein seiner Sterblichkeit und in der Angst vor der weiblichen Macht erhalten. Die mühsam aufrechterhaltene sexuelle Identitat ist prinzipiell zerbrechlich und die Angst davor kommt jedesmal zum Vorschein, wenn die künstliche Wahrheit über Männer und Frauen zur Diskussion gestellt wird, sei es durch Emanzipationsbestrebungen, Homosexualität oder Lesbianismus (...)

Durch das Anerkennen der Beziehungen zwischen Frau und Natur, und der Position der Frau als Vermittlerin zwischen Natur und Kultur werden dem Feminismus drei mögliche Wege geöffnet. Der erste fuhrt zur Integration der Frauen in die Welt der Kultur und Produktion zum Preis der erneuten Trennung zwischen Frau und Natur (...). Diese Position stellt den Dualismus Natur - Kultur an sich nicht zur Diskussion und wurde vom größten Teil der sozialistischen Feministinnen wie auch von de Beauvoir und Ortner, vertreten, obwohl diese beiden, die Bejahung zwischen Frau und Natur gründlich analysiert haben. Ohne die Aufkündigung der kulturellen Verbindung mit der Natur konnte in ihren Augen keine Befreiung der Frau stattfinden.

Andere Feministinnen haben sich später auf die Beziehung zwischen Frau und Natur berufen, oder genauer, auf das Spirituelle und Intuitive, das sich dem Mann und der rationalen patriarchalen Kultur entgegenstellt. Auch diese Position stellt nicht notwendigerweise den Dualismus Natur - Kultur in Frage. Genausowenig erkennt sie, daß die ökologische Sensibilität und die Orientierung der Frauen am Leben Perspektiven für die Sozialisierung im Alltagsleben sein könnten. Es gibt keinen Anlaß zu glauben, daß sich Frauen in einer patriarchalen Machtposition anders verhalten wurden als Männer. Ohne fundiertes Geschichtswissen und ohne daß wir uns mit den existierenden ökonomischen und politischen Machtstrukturen messen, werden wir nie eine feministische Revolution durchfuhren können.

Ökofeminismus zeigt einen dritten Weg auf: der Dualismus Natur - Kultur ist zwar ein kulturelles Produkt. Trotzdem können wir uns bewußt für die Nicht-Aufhebung der Beziehung, die zwischen Frau und Natur besteht, entscheiden, und uns so mit der männlichen Kultur vereinigen. Wir könnten diesen Widerspruch sogar zu unserem Vorteil ausnutzten, um eine andere Art von Kultur und Politik zu realisieren, die Formen von intuitivem, spirituellem und rationalem Bewußtsein integriert; die sowohl aus der Wissenschaft, wie auch aus der Magie schöpfen wurde, und so die Aufsplitterung zwischen Natur und Kultur aufhebt, um eine freie und ökologische Gesellschaft zu planen und zu verwirklichen. (...) Indem wir so alle Theorien und Strategien mit einer bewußt ökologischen Vision konfrontieren, formulieren wir unsere feministische Kritik an dieser ”tödlichen Kultur der Quantifikation, der Abstraktion” (Adrienne Rich).

Direkte Aktion und Ziviler Ungehorsam

Die Ökologie kommt ohne feministische Vision nicht weiter... All die ÖkologInnen und männlichen Sozialen Ökologen, die sich nicht mit dem Problem des Sexismus, d.h. mit der tiefen Verankerung des Hasses auf die Natur in ihrem eigenen Leben auseinandersetzen, zeigen, daß sie sich selbst nicht auf die ökologische Gesellschaft zubewegen, die sie verwirklichen wollen (...) Das doppelte Engagement des Ökofeminismus ermöglicht auch, die notwendigen ethischen Normen für die Beurteilung anstehender Entscheidungen bei technologischen Fragen zu definieren. (...)

Ökofeminismus übernimmt die feministische Theorie, nach der die Herrschaft über die Frau den Ausgangspunkt für jegliche Art von Herrschaft, Hierarchie der Grade, Klassen und politischer Macht bildet. Ökofeminismus bedient sich der Ökologie, um aufzuzeigen, daß, wenn es in der Natur keine Hierarchien gibt, es auch keine ”natürlichen” Hierarchien unter Menschen gibt. Wir leben auf einem Planenten, der von Millionen von Lebewesen bewohnt ist, die Menschen sind nur eine Spezies unter vielen. Als einzige nehmen sich die Menschen in ihrer patriarchalischen Organisierung das Recht, über die anderen Lebenwesen und sogar über den ganzen Planenten zu herrschen. Paradoxerweise sind die Menschen in allem und jedem von der nicht-menschlichen Natur abhängig. Ohne den Rest der Natur konnten wir nicht leben, die Natur hingegen könnte sehr gut ohne uns auskommen.

Der Erkenntnis der ökologischen Wissenschaft von der Einheit in der Verschiedenheit gibt der Ökofeminismus eine politische Ausrichtung. Die Vielfalt der Natur ist die notwendige Voraussetzung von Reichtum überhaupt. Eine der wichtigsten Auswirkungen der industriellen Technologie, ob in kapitalistischen oder sozialistischen Zusammenhängen ist die Vereinheitlichung der Umwelt. Viele Arten werden einfach ausgemerzt, verschwinden für immer. Der reale Sozialismus treibt diesen internationalen VereinheitlichungsprozeB noch weiter voran - diesselben Produkte können überall für alle kommerzialisiert werden. Dies bietet uns die Aussicht, daß wir alle gleich werden sollen, mit denselben Bedürfnissen und Wünschen auf der ganzen Welt: Coca Cola in China, Blue Jeans in der Sowietunion, amerikanische Rockmusik beinahe überall . . .

Als soziale Bewegung widersetzt sich der Ökofeminismus auch dieser sozialen und kulturellen Vereinheitlichung, und mißt den vielfachen Unterschieden unter den Frauen in der ganzen Welt besondere Bedeutung bei, obwohl er eine Gemeinsamkeit bei diesen Unterschieden verfolgt und sich jeder unterdrückenden Trennung widersetzt, die auf Privilegien, Klassen- oder Rassenunterschieden basiert.

Die Botschaft des Ökofeminismus ist diese: Solange die Frauen aufgrund der sozialen Herrschaft und der Herrschaft über die Natur leiden werden, muß auch der größte Teil des Lebens auf der Erde leiden und wird bedrobt sein (...). Der Ökofeminismus strebt eine harmonische, differenzierte und dezentralisierte Gesellschaft an, in der ausschließlich solche Technologien angewandt werden, die auf ökologischen Prinzipien basieren. (...)

Ökofeministische Kultur und Politik äußert sich in Ideen und Aktionen. Die Ökofeministinnen bedienen sich der direkten Aktion, um plötzliche und persöhliche, aber auch langzeitige und strukturelle Veränderungen zu erreichen. Dies bedeutet, z.B. zu lernen, sich nach ganzheitlichen Methoden zu pflegen und zu heilen sowie alternative ökologische Technologien anzuwenden; das bedeutet, in Gemeinschaften zu leben, alte und neue Formen von Spiritualität zu erforschen, und so das Leben in einer Serie natürlicher Vielfalt zu zelebrieren; es bedeutet, sich über die ökologischen Konsequenzen unseres Lebensstils und unserer Gewohnheiten bewußt zu werden; und schließlich bedeutet es, an verschiedenen Formen von öffentlich-kreativem Widerstand teilzunehmen, miteingeschlossen ist der gewaltfreie zivile Ungehorsam.

Für einen feministischen Antimilitarismus

In den letzten 3 Jahren habe ich aktiv an der antimilitaristischen ökofeministischen Bewegung in den USA teilgenommen. Daher ist das, was folgt eine direkte Zusammenfassung eines Beispiels aus unserer Praxis.

Die Verbindungen, die zwischen der Gewalt gegen Frauen, einer militarisierten Kultur und der Entwicklung und Anwendung nuklearer Waffen bestehen, ist bereits seit geraumer Zeit den pazifistischen Feministinnen klar. Militarismus und Waffenindustrie bedeuten für uns die unmittelbarste Bedrohung des Weiterlebens auf der Erde. Die ökologischen Auswirkungen aller anderen Technologien bilden dagegen eine Bedrohung auf längere Sicht. Daher ist der Militarismus für viele Ökofeministinnen das zentrale Problem geworden. Wir haben die bisherigen Aktionen pazifistischer Feministinnen analysiert und als Konsequenz damit begonnen, die eigene politische Praxis auf der direkten Aktion und dem gewaltfreien Widerstand aufzubauen

Die ökofeministische Analyse des Militarismus bezieht sich auf die Militarisierung der Kultur und die ökonomischen Prioritaten der Waffenfinanzierung als ein Produkt unserer patriarchalen Kultur, die Gewalt auf allen Ebenen ausdruckt. Unsere Freiheit und unser eigenes Leben ist bedroht, auch wenn kein Krieg stattfindet und die atomaren Waffen nicht gebraucht werden. Wir haben versucht zu klaren, in welcher speziellen Art die Frauen Opfer des Krieges sind, wenn sie zur Beute des Siegers werden; wenn sie Flüchtlinge werden; wenn die behinderten Frauen, die Alten und die jungen Mutter sich auf öffentliche Hilfe nicht mehr verlassen können, weil die Gelder gekürzt werden... Wir verbinden die Angst vor der atomaren Zerstörung mit der alltäglichen Angst vor der Gewalt des Mannes.

Für die Ökofeministinnen spiegelt die militärische Technologie etwas von der Vergewaltigung, dem Genozid, dem Imperialismus, der Hungersnot und der Obdachlosigkeit wieder, von der Vergiftung der Umwelt, dem terrorisierten Leben aller Menschen auf der Erde und speziell dem der Frauen. Die militärischen und staatlichen Hierarchien einigen und starken sich gegenseitig durch die militärische Technologie.

Es wurden Aktionen am Pentagon in den USA und an den militärischen Einrichtungen in Europa organisiert. Die Women's Pentagon Action, ursprünglich als ökofeministische Konferenz konzipiert hat seither schon zweimal stattgefunden, am 16./17.11.1980 und am 15./ 16.11.1981. Im ersten Jahr haben ca. 2000 Frauen teilgenommen und im zweiten Jahr waren es mehr als doppelt soviel. Ich habe an der Projektierung beider Aktionen teilgenommen und mit den anderen Organisatorinnen haben wir Wert darauf gelegt, daß die Aktionen alle Aspekte unserer Politik reflektieren wurden. Übrigens gab es weder Sprecherinnen noch leaders. Die Aktionen hatten zum Ziel, die Verbindungen zwischen dem militärischen Problem und anderen öko-feministischen Problemen aufzuzeigen.

Vom 12.-14.6.1982 während einer Demo für die Abrüstung in New York, marschierte unsere Gruppe - eine gigantische Weltkarte schwingend - mit dem Slogan: ”Eine feministische Welt ist eine atomwaffenfreie Zone”. Andere Transparente hatten Slogans wie ”Krieg wird von Männern gemacht”, ”Es reicht mit der Gewalt in unserem Leben” und ”Entwaffnen wir das Patriarchat”. (...)

Weitere Beispiele sind die Aktionen der Frauen von Greenham Common, GB. All diese politischen Aktionen aus der Kultur der Frauen: sie verkörpern das beste der lebensspendenden Sozialisation der Frauen, sie basieren auf den Unterschieden zwischen den verschiedenen Frauen, sind antihierarchisch in kleinen Gruppen organisiert mit großer visueller und emotioneller Erfindungsgabe, und schließlich verfolgen sie eine Integration der Probleme.

Damit der Wettlauf um die Aufrüstung gestoppt werden kann, benötigen wir eine, auf Einzelpersonen ausgerichtete, dezentralisierte Kultur und Politik der direkten Aktion. Da die Waffen und die Kriegsindustrie nur dank dem männlichen Haß gegenüber den Frauen und der Natur existieren, sind die Probleme der Abrüstung und der Bedrohung durch einen möglichen Atomkrieg feministische Probleme. Es sind die menschlichen und ökologischen Probleme schlechthin. Und so vereinigt sich die Öko-, die Frauenbewegung und die Befreiung der gesamten Natur, uns dabei mit eingeschlossen.

 

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