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Hans Cousto:
DIE ORPHEUS-BRAIN-BOX
- EIN DIONYSISCHER HIGH-TEC-TEMPEL -
Die Orpheus-Brain-Box ist eine begehbare Brainmaschine für
Sessions von sechs bis fünfundzwanzig Teilnehmern. Durch multimediale
Stimulation in einem in sich geschlossenem Raum wird eine virtuelle
Raumlosigkeit erzeugt, die ein sehr spezielles space-feeling
vermittelt. Dadurch wird ereicht, daß Erlebnisräume geöffnet
werden, die sonst allgemein nur mittels Einsatz bestimmter Moleküle
(Drogen) der Erfahrung zugänglich werden.
Der technische Aufbau der Orpheus-Brain-Box besteht aus einem weißen,
zwanzig Meter hohen Zelt, dessen Innenmaße etwa 4x4 Meter
(Grundfläche) betragen. In diesem Zelt ist ein weicher Teppich
ausgelegt. Zudem sind Sitz- und Liegegelegenheiten für die
BesucherInnen bereitgestellt. Das Zelt solltei n einem möglichst
ruhigen, mindestens drei Meter hohen Raum mit einer Grundfläche
von mindestens 12x12 Metern aufgebaut werden.
In dem geschlossenen Innenzelt sind bequeme Sitz- und Liegegelegenheiten
bereitgestellt, auf denen die BesucherInnen ruhen können und
die multi-medialen Signale auf sich einwirken lassen können,
die elektronisch mittels Computer nach streng wissenschaftlichen
Kriterien gesteuert werden, so daß Frequenzfolgereaktionen
(FFR) im Gehirnwellenbild der BesucherInnen ausgelöst werden.
Dies hat zur Folge, daß tiefe Entspannungszustände in
kurzer Zeit erreicht werden.
Die Seitenwände des Zeltes werden von der Außenseite
her mittels acht Diaprojektoren und speziell konzipierten Bildern
in farbige sich stets wandelden Ornamentflächen verwandelt.
Die eigentlichen psychoaktiven Lichteffekte werden mittels acht
computergesteuerten Strobolights erzeugt. Außerhalb des Zeltes
sind weiter vier Lautsprechergruppen angeordnet, die die akustischen
Signale übermitteln: Musik, Schwebungsmuster (Hemi-Sync-Signale)
und die High-Hits von Cymbals und Cup Chimes zur Wirkungsunterstützung
der Strobolights. Neben dem Zelt ist ein Steuerpult mit Computer,
Dat-Recorder, Magnetfeldgenerator, Mischpult und Schnittstellen
instaliert. Alle technischen Geräte sind verdeckt aufgebaut,
so daß sie das Ambiente nicht stören.
Die harmonikalen Grundlagen der Orpheus-Brain-Box entsprechen den
Kriterien der Kosmischen Oktave. Sie sind also absolut
im Einklang mit der Natur, da nur aus wissenschaftlich bestimmbare
Naturgegebenheiten physikalisch abgeleitete Rhythmen und Tonfrequenzen
zur Anwendung kommen, die sich in verschiedenen Kulturkreisen als
meditativ erfahrbare Töne und Schwingungen bestätigt haben
und im medizisch-therapeutischen Bereich vielfach untersucht und
überprüft wurden.
Sämtliche in der Orpheus-Brain-Box zur Anwendung gelangenden
Impulse sind oktavanalog harmonikal aufeinander abgestimmt: Grundfrequenz,
Schwebungsmuster und Rhythmus der Musik, Grundfrequenz des Magnetfeldgenerators,
Anordnung und Frequenzfolge der Strobolights sowie die Formen und
Farben der gezeigten Bilder (Ornamente). Die akustischen und optischen
Programme sind alle mit einem Zeitcode (SMPTE) versehen und so miteinander
gekoppelt. So wird vom physikalischen wie auch vom künstlerischen
Standpunkt her gesehen, die bestmögliche Affinität zur
Natur realisiert. Vom Standpunkt der Synästhesie handelt es
sich um den aktuellen Entwicklungsstand aus Forschung und Wissenschaft.
Der Erlebnisbereich für die BesucherInnen wird durch psychophysische
Veränderungen geebnet, die mittels Frequenzfolgereaktionen
(FFR) im Alpha, Theta- und Deltawellenbereich ausgelöst werden
und eine Koordinierung der beiden Gehirnhälften zur Grundlage
haben. Zuerst wird der Alphawellenbereich angesteuert, der für
ruhige Entspannung und gelassene Aufmerksamkeit sorgt, danach der
Thetawellenbereich, der die bildhafte Vorstellung fördert und
schließlich der Deltawellenbereich, der den Tunnel zum wahren
Trancezustand öffnet.
Das dargebotene Programm bietet eine optimale Möglichkeit,
nach Tanz und Ekstase, in sich zu ruhen und die eigene Phantasie
zu stiumlieren und den inneren Film ablaufen zu lassen
und so den Weg zur eigenen Lebensquelle zu durchwandern, ergründen
und erleben. So können die BesucherInnen eine kosmisch-sphärische
Reise erleben.
Die Hauptphase des Programms läuft im Theta- und Deltawellenbereich
(Visionen im Trancezustand), und gegen Ende der Sessions werden
in dem Programm vermehrt Alphawellen und schließlich die schnellen
Betawellen eingesetzt, damit die Reisenden wieder sanft an die äußere
Realität gewöhnt werden. Die eigentliche Session dauert
etwa 30 Minuten, wobei zuvor während etwa 10 Minuten die Leute
mit Dia-Bildern (Ornamenten) und kosmischer Musik eingestimmt werden
und nach der Session bei sanften Ambient-Sounds vor Ort zuerst ausruhen
und über ihre Erlebnisse sprechen können. Ton- und Lichteffekte
werden nach dem Prinzip der Minimalkunst eingesetzt, so daß
der eigenen Phantasie ein möglichst großer Raum für
die individuelle Entfaltung gegeben ist.
Nach dem ekstatischen Tanz, wie nach anstrengender anderer Tätigkeit,
haben Menschen oft ein großes Ruhebedürfnis, doch sind
viele von uns zu verspannt, um diesem Bedürfnis zu gegebener
Zeit Rechnung tragen zu können und haben darum große
Mühe, sich völlig zu entspannen und zu relaxen. Die Orpheus-Brain-Box
bietet ein Umfeld, das diesem Bedürfnis optimal entgegenkommt.
Besonders, wenn Leute nach Drogengebrauch mehrere Stunden getanzt
haben, brauchen sie einen Raum, der die Entspannung fördert.
Nach der Ekstase (wie auch nach einem Orgasmus) ist völliges
Relaxen angesagt. Fehlt zum Beispiel in einem Techno-Club ein echter
Chill-Out-Space, dann fühlen sich die Leute oft genötigt,
aufputschende Drogen (Speed, Kokain) zu nehmen, da sie einerseits
noch nicht gehen wollen und noch Musik genießen mögen,
anderseits keinen Space zum Entspannen finden und so gezwungen sind
in der zur psychischen als auch physischen Dynamik anregenden Tanzarea
zu verweilen. Eine Orpheus-Brain-Box in der Nähe der Actionszene
hat einen drogen-präventiven Charakter und begünstigt
zumindest die Minderung des Drogenkonsums und der damit verbundenen
Problematik.
Von der strukturellen Seite her betrachtet, ist die Orpheus-Brain-Box
ein echter Tempel, ein wirklicher dionysischer Tempel. Die einzelnen
Elemente sind nach Maß und Zahl, als auch nach Kunst und Zierde
den gleichen harmonikalen Kriterien unterworfen, wie dies in der
Kunst des gotischen Kathedralenbaus der Fall war. Die räumlichen,
graphischen und farblichen Bausteine als auch die tonale
und rhythmische Abfolge der akustischen Gegebenheiten sind dem Laut
der Erde im Kosmos nachgeahmt. Diese astronomisch bestimmten Schwingungsmuster
können auch in der Natur (Spheries in der Erdathmosphäre,
Zeugungs- und Geburtszyklen, Resonanzmaxima bei den DNS-Ketten)
nachgewiesen werden. Es handelt sich somit um universelle Schwingungsstrukturen.
All-Ein-Sein heißt eins sein mit dem All. Die Schwingungen
des Alls wahrzunehmen und sich auf diese Schwingungen einzustimmen
heißt, sein Leben - oder einfach sich selbst - mit dem All
in Einklang zu bringen. Ist die Person (von lat. per-sonare = zum
Erklingen bringen, hindurchtönen) im Einklang mit dem Kosmos,
so resoniert der Kosmos in ihr, der Kosmos findet seinen Widerhall
in der Person. Wird man sich dessen bewußt, hat das Bewußtsein
eine kosmische Dimension erreicht. (Die Kosmische Oktave)
Aus dem Buch:
Hans Cousto / Vom Urkult zur Kultur Drogen und Techno
Nachtschatten Verlag, Solothurn 1995
Nachtschatten Verlag
Dank an Hans Cousto.
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