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Wolfgang Sterneck
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Lydia Lunch:

LEBENSLANG

"Du bist so beschissen negativ. Warum machst du mich so depressiv ...warum mußt du mir das ganze Zeug erzählen ... du könntest über all das Schöne in der Welt sprechen ... den baldigen Frieden, die Freude, aber du stehst bloß da und erschreckst mich mit deinen unglaublichen Geschichten halb zu Tode ... Warum tust du mir das an ... Warum bezahle ich zehn beschissene Dollar, um einem abscheulichen Weibsbild zuzuhören, das klingt wie meine salbadernde Schwester, die mir erzählen will, wie beschissen alles ist ... Warum propagierst du den Teufelskreis des Mißbrauchs???

Warum verübt eines von drei Inzestopfern ebenfalls sexuelle Greuel ... Warum ist immer das Opfer Schuld? Warum ist der Patient immer der Arzt? Warum ist mein Leben eine Sackgasse? Warum ist es immer kurz vor zwölf, kurz bevor der Hebel am elektrischen Stuhl umgelegt wird? Warum ist es lebenslänglich? Warum ist es eine Blutkrankheit? Warum ist es in meinem Blut? Warum?"


LEBENDIG

"Egal wo ich mich hinflüchtete, ich wußte, es gab kein Entkommen. Keine einfachen Antworten... Ich war mein schlimmster Feind, und ich mochte es so. Wieder und wieder, wie in einem sich wiederholendem Alptraum mußte ich die schrecklichsten Zustände heraufbeschwören. Keine Gelegenheit, die ich auslies. Je abseitiger, unwirklicher, abscheulicher, und widerlicher, desto mehr suhlte ich mich darin... rannte sehenden Auges in meinen Untergang. Ich floh ihn nicht, ich empfing ihn mit offenen Armen und umarmte ihn... wollte, daß er mich verfolgte, jagte, mich fing und eroberte... Die Furcht wecken... um das ewige Warten zu beenden, das Wimmern... das ewige Warten... Meine Phantasien schwollen an... meine Ungedult und mein Verlangen spülten mich über Bord. Gerade so, wie ich es mochte. Wie ich es wollte... Außer Kontrolle. Von Schrecken zu Schrecken geschleudert. Doch es war nicht Agonie... es war Ekstase.....

Es war als stünde ich außer mir. Ich nahm mir die Lust, die ich kriegen konnte, wo immer ich sie kriegen konnte... Wollte mich gut fühlen, zitternd und feucht und lebendig, doch ich fühlte mich nur schmutzig, dreckig und billig. Deshalb quälte ich mich so... verlor nach meinen eigenen Regeln. Ich wußte, daß ich niemals kriegen würde, was ich wirklich wollte. Mich wirklich, wirklich lebendig zu fühlen und den wahrhaften Tod zu erwarten. Meine Furcht gemahnte an die brüchige Existenz.....

Wir nehmen das Böse mit dem Bösen und machen es schlimmer. Okay, einmal noch. Okay, einmal noch. Es bringt mich um. Na und?"

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Die Bücher "Paradoxie" und "Belastende Indizien" von Lydia Lunch sind erschienen im:
mirandA Verlag / Mox und Maritz, , Stefan Ehlert, Postfach 101021, D-28010 Bremen.

Lydia Lunch

Dank an Stefan Ehlert und Lydia Lunch.



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