Sterneck.Net



STERNECK.NET

Cybertribe-Archiv

Utopia  |  Politik  |  Ökologie  |  Gender  |  Sex  |  Cyber
Ritual  |  Drogen  |  Musik  |  Literatur  |  Vision  |  Projekte  |  English

Claus Sterneck / Claus in Iceland
Claus in Iceland  |  Pictures+Sounds  |  Ausstellungen  |  Musik  |  Facebook  |  News  |  English

Wolfgang Sterneck
Artikel+Texte  |  Foto-Reportagen  |  Bücher  |  Workshops  |  Musik  |  Facebook  |  News  |  English

Archiv Sterneck.net
www.sterneck.net contact@sterneck.net


HELGA GOETZE:
- Helga Goetze / ”Bloß noch körperlich sein”
- Leila Dregger über Helga Goetze
Helga Goetze:
- Heut’ rief mein Kläuschen wieder an
- Beim Schulkonzert
- Guten Morgen Liebes Schwänzchen
- Sperma, Piss und Menschenkot
- Schmutzige Wäsche
- Wie man Sklaven züchtet
- Mit 40 ist das Ficken für eine Frau vorbei
- Wo sind die Schmetterlinge meiner Kindheit
-----------------

”BLOSS NOCH KÖRPELICH SEIN”

”Ich hab dreißig Jahre in Hamburg gelebt, davon 27 Jahre in einer Familie. 1974 bin ich von meiner Familie fortgegangen und habe in Gruppen gelebt, zwei Jahre in einer Gruppe mit freier Sexualität und Gemeinschaftseigentum, und dann bin ich nach Berlin gekommen... Ich will nichts mehr besitzen. Ich will bloß noch körperlich sein. Ich hab' alles schon gehabt, mein Ego ist so aufgefüllt mit Familie, mit Sachen, und ich will eigentlich jetzt nur noch an Körper 'ran, an Menschen. Bloß, wie ich es machen soll, weiß ich nicht, jeder hat sein Gefängnis, ich hab' grade vor ein paar Tagen gesagt: ”Ich bin aus dem magischen Kreis rausgetreten”. Und das ist für einen selber eine unglaublich tolle Erfahrung. Wenn ich jetzt die anderen Leute anhöre oder so, ist es wie ein elektrisches Feld oder so. Ein Mann hat mir gesagt: ”Ich finde, daß du recht hast, aber ich will nicht, daß DAS für mich stimmt” ... ” (Helga Goetze, 1982)
-----------------

HELGA SOPHIA GOETZE -
DIE FRAU WIRD ZUR GLÜHENDEN VENUS

Sie ist 79 Jahre alt, hat sieben Kinder aufgezogen, ist Witwe und lebt allein in einer Berliner Hinterhofwohnung. Was tut eine solche Frau am Abend? Helga Goetze stickt. Das Motto ihrer Bilder heißt: ”Ficken ist Frieden.”

Mit diesem Motto begeht sie auch ihre tägliche einstündige Mahnwache vor der Gedächtniskirche. An dem Wort Ficken hält sie fest - auch wenn ihr alle abraten. Das Wort aussprechen, seine Zusammenhänge benennen, seine Einlösung laut begehren zu können, das ist für sie Freiheit und Befreiung.

”Letztlich bleibt mir nur die Straße, überall sonst muß ich mich anpassen. Ich habe jeden Tag mindestens vier interessante Gespräche. Wer hat das schon? Als man einmal ein fünfjähriges Mädchen von mir wegziehen wollte, weil das doch nichts für sie sei, sagte das Kind: Laßt mich, sie spricht über den Körper.”

Sie hat schon alles erlebt, erkennungsdienstliche Behandlung, Beschimpfung, Lächerlich-Machen, Zustimmung, Filmruhm. Rosa von Praunheim, der sich heute offiziell nicht an sie erinnert, drehte den Film ”Rote Liebe” mit ihr, den er seinerzeit den wichtigsten seiner Laufbahn nannte. Alice Schwarzer schrieb ihr anerkennende Briefe, aber das Wort Ficken solle sie doch lieber streichen.

Helga Goetze heiratete mit zwanzig und brach aus dem Ehekorsett aus, nachdem ihre jüngste Tochter erwachsen wurde. Ihr erster Fernsehauftritt 1973 stand unter der Überschrift: Hausfrau sucht Kontakte. Primäre Tabubrecherin nannte sie sich, Deutschlands Supersau nannte sie die Boulevardpresse. Sie machte sich zur Stimme der weiblichen Wollust. Sie bestand auf ihrer sexuellen Erfüllung und ließ sich nicht mehr beruhigen. Damit fing es an.

”Ich bin keine Künstlerin, ich bin nur eine Hausfrau, die wissen will, wie alles zusammenhängt.” Ihre Wohnung ist gleichzeitig Museum. Kaum ein Quadratzentimeter, der nicht mit Bildern behängt ist. Kaum eine Minute, in der sie nicht redet, erklärt, rezitiert, singt, lacht, gurrt, schimpft. Helga Goetze ist ein sehr lebendiges Stück Leben – mitten in den kalten Mauern Berlins.

”Malen konnte ich nie, aber ich mußte mich ja irgendwie ausdrücken. Seht hier, da habe ich den Zeigefinger auf der falschen Seite gemalt.”

Zeigefinger sind oft zu sehen in den Bildern der Helga Goetze. Einer ist erhoben und gehört einem Mann, ihrem Vater. ”Man sieht nicht und man faßt nicht an”, steht daneben. Und auf der anderen Seite die Mutter mit den Worten: ”Das stinkt.”

”Und so habe ich nicht angefaßt und nicht gesehen, keinmal in dreißig Ehejahren. So was sitzt einfach. Wir müssen uns doch klar werden, daß wir irreparable Schäden haben. Die Frage ist, wie kommen wir da raus.”

Die meisten Bilder sind nicht gemalt, sondern gestickt. Und so, bewaffnet mit Nesselstoff, Stickgarn, einem Duden und zwei weiteren Büchern (”Das geheime Wissen der Frauen” und ein I-Ging-Buch), macht sich Helga Goetze Abend für Abend daran herauszufinden, wie alles zusammenhängt. Bild für Bild arbeitete sie sich durch ihr eigenes Leben. Zunächst kam Schmerz, Reinigung und Befreiung - dann Verfeinerung, und schließlich erwarb sie sich ihren neuen Vornamen: Sophia, die Weisheit. Was ist die wichtigste Botschaft an unsere Leserinnen? ”Daß mit 35 noch nicht Schluß ist. Wenn die Rose verwelkt, dann reift die Hagebutte. Ab 40 beginnt die Frau, zur glühenden Venus zu reifen. Vergeßt das nicht. Mit 40 ist eine Frau anders als mit 20, mit 60 auch, aber sie ist immer noch Frau; darüber müßt ihr die Männer unterrichten.”

Leila Dregger
Aus: ”Die weibliche Stimme”
http://www.weibliche-stimme.de
redaktion@weibliche-stimme.de
-----------------

HEUT' RIEF MEIN KLÄUSCHEN WIEDER AN

Das ist ein schicker Mann
Der möchte so gern mit zwei mal
Weil er so dufte kann
Doch leider mangelt es an Zeit
Und Mutti darf nicht ahnen
So ruft er hin und wieder an
Will er in fremde Bahnen
So eine Stunde, hörst du das?
Und bring mir neue Bilder
Dann geil ich mich ein bißchen auf
Und werd' ein bißchen wilder
Und unser Kläuschen sagt zu mir
Mann soll die Faulen hauen
Die Haare ab und in den Knast
Das sind doch solche Sauen.
Als Kläuschen dann ein ander Mal
Da sag' ich: Lieber Klaus
Man soll dich hauen, sperren ein in ein Gefängnishaus
Nanu! Warum? Sagt unser Mann und
Ich sag' ihm ganz bieder:
Gehört sich das für einen Mann zu hören meine Lieder?
Die Stories, die ich so erzähl und diese geilen Bilder
Das tut ein Mann doch wirklich nicht,
ein Mann ist doch kein Wilder.
Der sitzt bei seiner Ehefrau und seinen beiden Buben
Und geht zur Arbeit und nach Haus und lebt in seinen Stuben
Ich will jetzt keine Männer mehr mit haarigen Gewissen
Dann stinkt die ganze Liebe mir, das Bumsen und das Küssen
Sag' doch deinem Eheweib, ich kenn' da eine Nette
Mit der möchte ich so ab und an ganz gerne geh'n zu Bette
Und kann ich das mit gutem Sinn, da bin ich lieb und fröhlich
Und ganz vielleicht ergibt für dich ein Spiel sich manchmal ähnlich
Denn jeder Mann und jede Frau, die haben ihren Klang
Und variabler und vertieft wird jeder neue Sang
Wer Ordnung liebt und Sicherheit und fertige Gesetze
Auch das ist gut, bringt nicht viel Leid
Und auch nicht so'n Gehetze.
Doch wer ein bißchen Spielraum mag und manches fremde Leben
Muß wissen, daß die Liebe bleibt ein Nehmen und ein Geben.

Helga Goetze, 1973.
-----------------

BEIM SCHULKONZERT

Frau Nachbarin, was schauen Sie
ich sitze brav und stille
und links ein Mann und rechts ein Mann
das ist so frech mein Wille
Nun stieren Sie und kombinieren
was mag die Frau so machen?
Und links ein Mann und rechts ein Mann
sie tut mit beiden lachen.
Frau Nachbarin, was denken Sie
ich tu mit beiden boxen
In's Auge rein, die Fresse blau
genau so wie mit Ochsen
Das darf man doch, ich weiß genau
das Boxen ist genehm
Und linksgehau'n und rechtsgehau'n,
findet dieses Land bequem
Das Auge Blut, die Lippe Blut
und Blut aus beiden Ohren
Das wärmt so schön, sieht lustig aus
Wir sind oft ganz verfroren
Denn was Sie denken Nachbarin
das dürfen wir nicht tun
Mit links einem Mann und rechts einem Mann
in einem Bette ruhen!
Das tut auch keiner, keine Angst
wir sind so brav gerichtet
Und Zärtlichkeit und Hautkontakt
wird prügelnd nur berichtet
Ich liebe dich, so schreit ein Mann
und schlägt auf seinen Sohn
Das spürst du doch, du faules Aas
ich will dein Bestes schon
Ich liebe dich, schreit eine Frau
und läßt die Stecker sausen
Sie schreit das laut, brüllt fürchterlich
und alle kriegen Grausen
Ich liebe so, ein Kindlein weint
ich liebe liebe dolle
Da kommt wie Gott die Obrigkeit
das ist die eigene Olle
Frau Nachbarin, Frau Nachbarin
Sie brauchen nicht zu glotzen
Ihr Blick erkältet mich ins Mark
und gleich beginnt das Kotzen.

Helga Goetze, 1974.
-----------------

GUTEN MORGEN LIEBES SCHWÄNZCHEN

Wickel wacker nackedei
Machen wir doch gleich ein Tänzchen
Hin und her und rauf und rein
Kleines Schwänzchen, bist du müde?
Komm, ich geb' dir einen Kuß
Unser Tänzchen ist doch Freude
Ist kein leistungshartes Muß
Kleines Schwänzchen, sich' mein Kätzchen
Schnurrt und ruft so sehr nach dir
Meine Höhle friert alleine
Gib ihn her, von dir zu mir
Kleines Schwänzchen, ist das möglich
Du bist ja ein großer Schwanz
Voller Freude, voller Feuer,
tanzt er seinen Liebestanz
Langsam, langsam wilder Großer
Meine Rose geht entzwei
Meine vollen Lippenblätter
lieben zarte Tänzerei
Was! Du willst mich wie ein Cello geigen
Voller Kraft und Schwung
Ahh du Schwanz, mein Wundervoller
Ich bin wieder maienjung.

Helga Goetze, 1973.
-----------------

SPERMA, PISS UND MENSCHENKOT

Ich schlage meine Mutter tot
Meine Mutter, diese Sau, ist das Sinnbild jeder Frau
Tot die Sau, die Schweinefrau
Schön gelackt und angetan
Rouge die Wange, blitz der Zahn
Bauch und Arsch und Busen waren gut zum Schmusen
Diese Sau, die Lausefrau
Sie ist Wärter, ich gefangen
Wie im Käfig voller Bangen
Tag und Nacht in ihrem Schrei
Ihr ist alles einerlei
Ohne Ohren, diese Sau
Nennt man sowas wirklich Frau?
Und das bin ich.

Helga Goetze, 1973.
-----------------

SCHMUTZIGE WÄSCHE

Rische, rasche, resche,
die Hausfrau, die liebt Wäsche.
Wäsche blitzeblank und rein
so kommt sie in die Schrank hinein.
Oben hui und unten hui,
nur von innen ist man pfui!
Rische, rasche, resche,
blitzeblanke Wäsche.
Ritual mit diesem Waschen
lieben unsere Plaudertaschen.
Auf der Leine rundherum
tanzt die Wäsche, dideldum.
Wäsche, die ist blitzeblank
DASH sei Dank.
DIESE Frau vor vielen Jahren
wohnte in der Nachbarschaft,
jeder konnte es erfahren,
diese wusch sehr mangelhaft.
Sieben Kinder, frohe Feste,
Lachen, Spaß und Heiterkeit,
alles das ist längst vergessen,
Nachbarn achten Reinlichkeit.
Diese war sehr zu vermissen,
DIESE Frau, man weiß es gut,
hing schon damals ihre Plünnen
nicht recht reinlich, wohlgemut.
15 Jahre sind vergangen,
und die Frau, welch Sauerei,
steht an allen Zeitungsständen
und liebt freie Liebelei.
Schmutzige Wäsche waschen alle,
hirngeil ist das ganze Land,
und die Frau, die flüchtig wusch,
ist jetzt allen gut bekannt.
Und die Nachbarn wiegen Köpfe:
Auch wie kann es anders sein,
schmutzige Wäsche, diese Dame
kann nicht ganz bei Troste sein.
Ritual muß jeder achten,
Hausfrau ist der letzte Hort,
daß die Wäsche, tadellose,
findet seinen festen Ort.

Helga Goetze, 1. 9. 1973.
-----------------

WIE MAN SKLAVEN ZÜCHTET

1. Bewegung drosseln
Kleine Mädchen tun das nicht.
die toben nicht so rum,
hör, das Spielen auf dem Baum,
das ist für Dich zu dumm.
Die Buben dürfen toben,
das steht dem Manne zu,
doch hör, die kleinen Mädchen
bewegen sich in Ruh.
Kleine Mädchen tun das nicht,
die gehen nicht in den Dreck.
Das weiße Kleid, du siehst es selbst,
behält den kleinsten Fleck.
Mädchen gehen langsam
und achten immer drauf,
daß sie nur schön gehorsam
und ohne schnellen Lauf.

2. Antriebe drosseln
Ach was, du brauchst nicht lernen,
du heiratest geschwind,
dein Mann wird alles machen,
und du bekommst ein Kind.
Ein Kind kann man bekommen,
das ist so die Natur,
das braucht man nicht zu lernen.
da wartet man halt nur.
Und wachsen tuts alleine,
du trichterst Futter ein
und so ein bißchen Kleidung
und hältst es still und rein.
”Händchen waschen,
Fingernägel,
pfui! stinken deine Füße!
Rechtes Pfötchen, ruhig gehen,
dann bist du’ne Süße!
Knickschen machen,
Teller waschen,
schnell zum Krämer gehen,
Tisch aufdecken,
Schuhe putzen
und zum Baby sehen!”
Unsere Mutter war schon dumm,
die gibt die Dummheit weiter,
und so geht es immerfort
die alte Stufenleiter.
Mutter darf im Hause sein,
bleibet weiter dumm,
rackert so den ganzen Tag
sich um sich selbst herum.
Erzieht die lieben Kinderlein
im gleichen dummen Trott.
Und die Regierung sagt ihr fromm:
SO WILL'S DER LIEBE GOTT!

Helga Goetze, 2. 7. 1972.
-----------------

MIT 40 IST DAS FICKEN 
FÜR EINE FRAU VORBEI

Da ist eine Olle,
mit der Ollen ist es aus.
Die darf jetzt nicht mehr ficken,
sonst schmeißen wir sie raus.
Der Papa, der muß schuften,
sein Pimmel ist ganz schwach,
und seine olle Olle,
die macht es ihm bald nach.
Die Olle ist ’ne Hure,
die will jetzt immer noch,
das wolle wir ihr verwehren
mit diesem Ofenloch.
Das Loch kriegt keine Zündung,
denn Papa will nicht mehr
und auch der liebe Doktor sagt:
”Schluß jetzt, bitte sehr!”
”Denn so bald um die Vierzig,
dann hört das Ficken auf.
Ja, ja meine liebe Gnädige,
das ist des Lebens Lauf.
Es gibt so viele Sachen
auf die kann man bestehn,
aber doch nicht auf dem Ficken,
das ist doch auch nicht schön.
Ich gebe Ihnen Pillen,
die steuern das Hormon,
und sie werde bemerken,
das regelt sich dann schon.
Und hilft die eine Sorte
nicht gleich und nicht geschwind,
dann kommen sie bald wieder,
Sie sind ein braves Kind.”
Denn so ein Onkel Doktor,
das ist der große Mann,
der alles besser wissen
und alles richten kann.
Er steht Ja an der Spitze
gesellschaftlicher Form,
denn auch nur Geldverdienen
gilt dort als gute Norm.
Mama darf nicht ficken,
dann wird sie viel zu flott.
Der Arzt ist aller Meister
und spielt den lieben Gott.

Helga Goetze, 15.10.1972.
-----------------

WO SIND DIE SCHMETTERLINGE
MEINER KINDHEIT

Wo sind die Schmetterlinge meiner Kindheit,
die bunten Falter über grünen Sprossen,
die Blütengleichen, die in Sommersüße
so zierlich unter meinen Blicken flossen?
Wo sind sie nur, ich kann sie nicht mehr finden,
lieg' ich zu wenig in dem grünen Feld?
Ich sah den Wolken zu als Kind
und träumte in die Muster meine Welt.
Die Wolken waren Schmetterlinge,
mal gab es einen Kopf und mal ein weites Meer,
mal waren Wolken wie Figuren,
mal war alles aufgelöst so um mich her.
So wie der Schmetterling, der einstens Raupe war
und kroch und kroch und fraß,
und war gebunden an die Erde,
und diese Erde setzte ihm das Maß.
Ob sie schon damals wußte, diese Raupe,
die weiblich in dem Wort sich gibt,
daß sie demnächst als bunter Schmetterling
und männlich diese Welt erliebt?
Wo sind sie nur geblieben, meine Falter,
diese Wunder der Verwandlungswelt,
das irgendwer vor unsere Augen
als ein Symbol lebendig hingestellt?
Wer bin ich denn, ich armes Menschenwesen,
das hier in wechselnder Gestalt,
mal kindlich klein mit großen Frageaugen
sich seine Welt in immer neuen Farben malt?
Ich werde groß und wandere weiter,
das kleine Wesen wird zur ausgewachsene Frau,
es wandelt sich in so verschiedener Weise,
wer definiert die Phasen ganz genau?
Ich war ein Kind, ich wurde groß,
ich hatte feste Normen.
Nun löst sich alles wolkengleich
und fließend gehen die Formen.
Das kleine Kind dort, dieser Mann,
er ist von tiefer Reife.
Der alte Mann dort kindisch dumm
saugt hastig an der Pfeife.
Mal bleibt sie stehn, mal geht sie weiter,
die Uhr im Lebenslauf.
Wie gut war es als Schmetterling
im Schweben in der Sonne Ring,
im Gluten einer Sommernacht
in aller Fülle, aller Pracht
beenden diesen Flug durchs Leben
und fließend in dem Wolkenhauf
und neu sich formen immer heiter
ergebend hin sich geben.

Helga Goetze, 10.3.1973.
-----------------

Helga Goetze / Zukunftsmodelle
www.200d.de/helga/html/zukunftsmodelle.html


Dank an Helga Goetze.


Zurück zur Übersicht