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Claus Sterneck / Claus in Iceland
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Wolfgang Sterneck
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Bdolf:

EIN MITTSOMMERNACHTSTRAUM

Die beschissene Arbeitswoche spuckte mich aus. Es war ein besonderer Sommer. Die Schulzeit am Kleinstadtgymnasium hatte ich soeben hinter mich gebracht. Matura. Die Zeit bis zum Abflug in die Große Weite Welt überbrückte ich mit einem Klassejob - als Küchenhelfer. Sechstagewoche, gleichbedeutend mit Sechstagekrieg. Ein Café` mit Restaurant in einem abgehalfterten Kurort in der Nähe der Heimatkleinstadt. Alle Speisen wurden konsequent und prinzipiell als ”hausgemacht” angepriesen und mein Job war es die Dosen zu öffnen. Wer schon einmal eine Sackkarre mit Fünfundzwanzigkiloapfelmusbüchsen eine Treppe hinaufgewuchtet hat, weiß wovon die Rede ist. Die eigenen Mahlzeiten wurden in den üppigen Räumlichkeiten der Besitzerfamilie eingenommen, nach dem ersten Mal speiste ich nur noch auf der Veranda, bei schlechter Witterung schützte ich Appetitlosigkeit vor. Zuviel Dreck und Schimmel, ein reizvoller Kontrast zum gepflegten Plüschambiente der Speiseräume. Fiel das Schnitzel in der Eile vom Teller war der Schaden schnell durch erneutes Auflegen repariert. Passend zu den Klagen der meist hochbetagten Kundschaft, wenn sich in der Hektik vor der Spülstraße mein Zopf gelöst hatte, damals trug ich knapp hüftlanges Haupthaar, trotz meines abschreckenden Äußeren hatte man mich wegen der sehr knappen Bezahlung mit Handkuss engagiert. Einige Tische befanden sich in einem Winkel zur Küche, der Sicht auf die Spüle gestattet, leider nicht auf Herd und Anrichte. Ein besonderer Sommer weil sich alles änderte. Meine Freundschaften zerbrachen, alles hatte einen Knacks, zum Glück waren meine Eltern sehr lange verreist. Ich hatte die Bude für mich allein. Meine zeitweilige französische Hippiefreundin war in Afghanistan verschollen, eine neue Liaison hatte sich angebahnt, leider war die Gute, Evita, in einer heftigen Ausprobierphase, nach einer typischen spießigen bürgerlichen Teenagerfrühehenbeziehung musste jetzt ausgecheckt werden. So war ich nur zeitweilig am Zug. Scheiße, aber nicht zu ändern. Trotz des kurzen Wochenendes - nur Samstag war frei, Sonntag war wieder Maloche angesagt, immer neun bis drei, - das tat weh-, war ich bester Laune als ich die vorgeschriebenen hygienisch einwandfreien Küchengesundheitsschuhe unter einen Schrank kickte, die genauso keimfreie Kochhose in einen staubigen Winkel und die kitschige verschnörkelte Café-Tür endlich hinter mir ins Schloss fiel. Nicht nur Urlaub bis zum wecken, nein es gab eine Verabredung mit Evita für den Abend und bei den merkwürdigen, aber gültigen Erfahrungsregeln bedeutete das irgendwann den Übergang von einer vorerotischen zu einer erotischen Situation. Und, aus dem Augenwinkel heraus, hatte ich beim Gang durch das katatonische Kurstädtchen in den Auslagen eines Delikatessengeschäftes frische Muskatnüsse gesichtet. Muskatnüsse! In jenen Tagen ein heißgehandelter Tipp für die legale Billigdrogenversorgung. Die Gesetze waren streng, aber der Wille der Jugend zur Forschung ausgeprägt. Man munkelte die tolldreistesten Dinge über diese so alltäglich anmutende Gewürzpflanze, auf einem Freiluftkonzert hatte ich es auch schon ausprobiert, allerdings waren die Turbulenzen dieser Gelegenheit äußerst ausgeprägt gewesen, geistige Getränke und gehaltvolle Rauchwaren wurden in der beliebten Hochdosierung in das System eingespeist, so dass völlig unmöglich war, speziell im Nachhinein, zu beurteilen, was nun zu was geführt hatte. Mit einem ordentlichen Plastiktütchen frischer Muskatnüsse machte ich mich auf den Heimweg, allerdings zunächst mit einer weiteren lästigen Verpflichtung. Zu meinen Aufgaben gehörte auch das Versorgen eines Hauses von Verwandten, genauso verreist wie meine Eltern, Blumengießen und das so wichtige nach- dem- Rechten- schauen, ich stöberte durch die Platten des Hausherren und entlieh mir aus Schabernack einige seiner abgewetzten ”Beatles”-Platten, für ein psychedelisches Experiment dieser Größenordnung erschien mir ”Sergeant Pepper” als standesgemäße Untermalung. Desweiteren wurden die Kellerweinregale durchmustert denn Evita war einem herzhaften Schlückchen nicht abgeneigt, was auch von mir behauptet werden konnte. Bis zur Abenddämmerung ging ich meinen Pflichten in Haus und Garten nach, als die Sonne schwand wurde das Herzklopfen stark und ich fieberte dem Eintreffen meines aparten Gastes entgegen. Zum Glück musste ich nicht allzu lange auf das Knattern des Solexmotors der Schönen warten. Bei der Begrüßung wie üblich noch etwas kühl und distanziert, komplimentierte ich uns in den Garten. Angenehm warm und die Grillen zirpten. Als Erfrischung der Roséwein des Verwandten entkorkt und ein kleines Menü aus Salat und Gemüse aus dessen erfolgreichem Anbau. Man speiste und parlierte zu den Klängen von ”Yes” und Van der Graaf Generator. Ich erläuterte den Plan. Ungefähr hatte ich ihn schon vorher telephonisch angedeutet, jedoch ohne auf die Details einzugehen. Evita war gespannt.

Konspirativ wurde in der Küche die erforderliche Dosis von circa sechs großen frischen Nüssen pro Kopf und Nase einer kräftigen Küchenmaschine anvertraut. Resultat war eine Schüssel mit einem derart widerlich schmeckenden, trocken-klebrigen Pulver, dass uns um ein Haar eine beiderseitige Erbrechensattacke einen Strich durch die psychedelischen Pläne zu machen drohte. Es war klar, diese Droge ging nur flüssig den Schlund hinab. Großzügigst wurde mit dem Roséwein des Anverwandten nachgespült. Eine kurze Phase der Blümeranz folgte. Ich ließ die ”Beatles”-Platten Revue passieren. Das Gespräch wurde spärlicher. Evita kann näher. Irgendwann wurde es zu blöd, sich von Gartenstuhl zu Gartenstuhl zu küssen. Auf den Schoß sitzen ging wegen der blöden Lehnen nicht. Sowieso wurde es kühl und die Schnakenstiche häuften sich. ”Wollen wir nicht hochgehen?” raunte Evita mir mit rauher Stimme zu. ”Den Scheiß lassen wir stehen!” raunte ich zurück, wir zogen uns gegenseitig aus den Gartenstühlen. Ich schob meine Hände durch ihr keck gelocktes Blondhaar. Sie fand ihre Sommersprossen ”seltsam”, ich fand sie sexy. Ich umarmte ihren knabenhaften und doch so weiblichen Körper. Der knappe Sommerminirock machte mich ziemlich wahnsinnig. Sie fühlte sich so gut an. Sie sollte noch vielen Männern den Kopf verdrehen. Nicht nur bei ihrer späteren Heiligen Mission als Küchenchefin in den Diensten der weltweiten Bhagwan-Bewegung. Aber das war hier und heute. Recht und schlecht kämpften wir uns die Treppe zu meinem Zimmer hinauf, immer wieder die Wegstrecke für heftigen Zärtlichkeitsaustausch unterbrechend. Auf der Treppenmitte röchelte ich ”Spürst du schon was?” ”Nur den Wein und deine Hände!” kicherte sie leicht beschwippst. Sie hockte sich auf mein Matratzenlager. Ich sorgte für Sound und Kerzenlicht. Wie von Zauberhand präsentierte sie einen Brocken Hasch. ”Ich hab da noch Bock drauf!” sagte sie unmissverständlich. Ich kramte eine Pfeife aus irgendeinem Versteck und wir inhalierten die Heilung der Nationen. Mit einem kurzen Entschluss holte ich Wein und Gläser nach. Die ”Beatles” kamen wieder in dem ”Yes” Stücke von ihnen coverten. Fast bedauerte ich es, dass Evita den sexy Minirock abstreifte. Aber die Lauterkeit der Jugend verlangte reine Nacktheit, nicht etwa nur neckisches Schlüpfer-weg. Ich schälte mich aus meinen rachitischen Jeans. Die Berührung der bloßen Haut setzte so etwas wie einen Stromstoß frei. Wie zwei Schlangen wanden wir uns umeinander, versuchten die größtmögliche Körperoberfläche mit Berührung abzudecken. Es war immer noch heiß im Zimmer und die Luft flirrte. Wir fühlten uns weggetragen, wir kicherten, als wir uns eingestehen mussten, leichte Karussellgefühle zu empfinden. Ich saugte an ihren festen, kleinen Brüsten. Ich versuchte, mich etwas von ihr abzurücken und meine Zunge über ihr Geschlecht gleiten zu lassen. Sie hielt mich fest. ”Nein, richtig!” zischte sie fordernd. Ich ließ mich wieder neben sie gleiten, presste meinen Mund auf ihren und streichelte mit meinen Fingern über ihre schon klatschnasse Spalte. Sie hielt den Berührungen nicht lange stand. Fordernd zuckte sie mit den gegrätschten Beinen und suchte mich an sich zu ziehen. Ich verstand und fingerte nach einem Kondom, dabei umständlich mit der Verpackung kämpfend. Erlöst glitt ich in sie hinein. Sie keuchte, nahm mich in eine Beinschere, verschränkte ihre Füße hinter meinem Allerwertesten. Im Gegensatz zur landläufigen Plage der männlichen Jugend,- allzu frühes Erreichen der Ausgipfelung, sorgten der süße Wein und das Gefühl allgemeiner Entrücktheit für eine gewisse Resistenz den süßen süßen Empfindungen gegenüber. Es konnte von den Vorschriften der katholischen Kirche, benannt nach den Bräuchen ihrer eifrigen Missionare, zu lustbetonteren Positionierungen übergegangen werden, das Zeitgefühl löste sich vollkommen auf. Phasenweise erinnerten unsere Bemühungen eher an Fabrikarbeit als an die süße Verschmelzung der Geschlechtswerkzeuge, wir keuchten und mussten von Zeit zu Zeit aus Atemnot pausieren, kalter Schweiß trat uns auf die Körper. Zunehmend verloren wir beide den Bezug zu unserem Tun. Fast gleichzeitig klagten wir beide über Schmerzen in unseren Fortpflanzungswerkzeugen. Ich zog mich aus ihr zurück, im Augenblick verlor der kleine Held seinen wackeren Stand, das Kondom, leer, glitt wie eine Wurstpelle nach dem Verzehr des Inhalts herunter und verschwand in den Tiefen der Matratzengruft. Sofort sanken wir in einen seltsamen, unheiligen Dämmerschlaf. Seltsame Bilder tanzten in meinem Kopf. Ich schrak hoch und fühlte meine Blase kurz vor der Explosion. Evita wälzte sich stöhnend von einer Seite auf die andere. Ich schlich mich unsicher und tapsig zur Toilette. Es war mir, als müsse ich den Weg auf Gummikissen zurücklegen. Das Licht in der kleinen Klokammer blieb diesig-milchig. Die Luft hatte Schlieren und formte seltsame Schemen. Die Geräusche der Eisenbahnlinie in der Ferne kamen überlaut. In den Augenwinkeln tummelten sich beunruhigende, angedeutete Dinge. Ich versuchte zu pinkeln. Es krampfte. Kein Tropfen kam. Die unterwärtigen Muskeln schmerzten. Wie ein Betender kniete ich mich vor die Schüssel, presste mit aller Kraft. Ein winziger Strahl entwand sich meinem Gemächt, die Muskeln zogen sich zusammen, der Schmerz blieb. Der Druck auch. Ich versuchte mich zu entspannen. Nach einer Zeit ein erneuter Versuch. Wieder ein kleiner Strahl. Wieder der verfluchte Krampf. Ich driftete weg. Ich wälzte mich auf dem Boden. Ich rappelte mich wieder hoch. Bilder brandeten über mich. Ich konnte die Schüssel nicht mehr orten. Ich kniete auf dem Boden und verfolgte Filme an der Wand. Irgendwann holte mich der stechende Schmerz im Unterleib aus dem Kino. Ich kauerte auf die Schüssel und versuchte nicht daran zu denken, es einfach laufen zu lassen. Ich driftete wieder weg, das wirkte entspannend. Unter mir begann es zu pluckern. Ich blieb eine ganze Weile sitzen. Bis der Drang wieder kam. Ich ließ es wieder pluckern. Ich ging auf die Knie und sah der Vorführungen an den Wänden zu. Es waren ausländische Filme ohne Untertitel, die Handlung verstand ich nicht, ja nicht einmal was die Bilder darstellten. Trotzdem konnte ich mich dem Programm nicht entziehen. Ab und an musste ich mich zur Entspannung auf dem Boden wälzen. Die Tür ging auf, irgendwann. Evita stand zerknüllt in der Toilette. ”Es ist schon Morgen!” krächzte sie mit ungelenker Stimme.

Besorgt versuchte sie mir auf die Beine zu helfen. Wir fielen übereinander her. Sie war immer noch nackt, ich war nackt, aber es war nicht erotisch. Wir rappelten uns auf. Ich bemerkte, dass es draußen tatsächlich schon hell geworden war. Ich hatte immer Schwärze vor dem Fenster gesehen, aber dem Licht nach, trotz seiner irrealen, schlierigen Qualität, musste es schon später sein. Mit vereinter Kraft schafften wir es zurück zum Matratzenlager. Wir klammerten uns aneinander, suchten uns zu stützen. Ein Gefühl wie auf Hoher See, die Matratzen ein Schiff, wir fahren mit hoher Geschwindigkeit. Tosen, Brausen, undechiffrierbare Geräusche. Wir verlieren jeden Sinn für die Zeit, alles ist nur noch ein kranker, nicht zu fassender Augenblick. Augenblick. Reden können wir nicht mehr, einzelne Worte fließen aus uns heraus, werden nicht zu Sätzen, haben keine Bedeutung für den anderen, hämmern nur im eigenen Kopf, kommen uns so wichtig, so richtig vor, als hätten wir das Universum begriffen und dummerweise passt es nicht in die Sprache. Stammeln. Silben, zwischen denen Stunden zu vergehen scheinen. Im Raum tanzen Schlieren, kranke, unfaßbare Bilder, eingesperrt in einem abstrakten Gemälde, es wird heiß, die Farben zerfließen.

Irgendwann wird es draußen wieder dunkel. Als die Fahrt langsamer zu werden scheint schaffe ich es nach unten in die Küche, braue unter größten Mühen einen Tee und entdecke irgendwo eine Packung Zwieback. Eng aneinandergekauert würgen wir das sperrige Material in uns hinein. Die Flüssigkeit tut gut, das Gefühl inzwischen vollständig ausgetrocknet zu sein, der warme Tee netzt die ausgetrockneten Schleimhäute, die Stimmen werden weniger krächzig, allein, mehr zu verstehen ist nicht, die Worte werden klarer, ihr Sinn nicht, alles hängt in Fetzen. Wir driften wieder weg. Ungefähr gleichzeitig stoßen unsere Köpfe für einen Moment über die Wasserlinie, beruhigend schmiegen wir uns aneinander, ich schaffe einen Ausflug in den Keller, die dunkle Höhlung macht mir Angst und sammele ein paar Sprudelflaschen ein. Gierig trinken wir, die Kohlensäure stößt uns heftig auf, sie kratzt, wir müssen rülpsen, das erste Lachen in einer Ewigkeit. Wir sind immer noch nackt, es fällt uns gar nicht mehr auf, der Normalzustand, wir umarmen uns, irgendwie werden wir beide erregt, streicheln uns, hektisch, ziellos, irgendwann bin ich wieder in ihr, bewege mich hin und her, habe kein Zeitgefühl, hin und her, wie ein Automat, irgendwann klagt sie über Schmerzen, ich ziehe ihn heraus, keine Frustration über den fehlenden Höhepunkt, wir dämmern eng umschlungen weg, irgendwann schrecke ich auf, suche entgeistert nach einem Wecker, versuche ihn zu entziffern, der Gedanke, morgen früh wieder in das Café zu müssen, mir kommt gar nicht die Idee, Krankheit vorzuschützen, das Denken ist völlig festgefahren, stelle den Wecker, lege mich hin, lösche das Licht, schrecke hoch, Licht wieder an, Überprüfung des Weckers, Lichter flackern vor meinen Augen, ich überprüfe ihn nochmals, und nochmals, irgendwann bin ich eingenickt, der Wecker klingelt, es ist knapp, Evita schläft, kriegt nichts mit, ich stürme aus dem Haus, das Licht ist immer noch irreal, im Spiegel sah ich ein Gespenst, sitze im Bus, starren sie, diese seltsamen Gestalten, kurze Fahrt, stürme in das Café, suche mühsam meine Hygieneschuhe und die Hygienehose, mache mich an das Kartoffelschälen, hole die Büchsen aus dem Keller, öffne manisch Konserven, richte Teller, alles ist wahnsinnig mühsam, ich bin enorm angestrengt, wie eine Maschine, rattern ratter, alles ist Kilometer von mir weg, ”wie siehst du denn aus?”, ”geht’s dir denn nicht gut?”, vernuschelte Antworten, Ausflüchte, an der Spülstraße ist es am einfachsten, irgendwie kann ich trotz allem die Sachen erkennen, Verpeiltes ist auf die Hektik zu schieben, hartnäckige Ränder, renitente Flecken, trotz all der Lichter, Geräusche und im Kopf abrollender Filmvorführungen bleibt der Schein gewahrt, fast hat sich der Geist ein wenig geklärt, als die Tür des Etablissements hinter mir ins Schloss fällt. Den Rückweg zu Fuß, die Sonne blendet, das Fokussieren und Adaptieren klappt nicht, Erschöpfung, Übermüdung und das gleißende Licht erzeugen hämmernde Kopfschmerzen, fast hat der Schmerz etwas erlösendes, er ist real, so fassbar, konkret, gibt mich dieser Welt zurück. Ich torkele in mein trautes Heim. Der Kater streicht mir anklagend um die Beine, klar, auch er muss essen, ich richte ihm das stinkende Katzenfutter, koche einen Kaffee, trage das Ganze mit einem Tablett unsicher nach oben, Evita liegt zwischen den Decken, ich stelle ab, in die Dusche, alles an mir stinkt nach der Küche, Fett und Essensduft, ich widere mich selbst total an, das Wasser ist wie eine Erlösung. Tappe wieder in mein Zimmer, Evita hat sich aufgesetzt, blinzelt zerfahren in die Welt, ich schenke Kaffee ein, der Kater hat sich zu ihr gesellt, sein Pelz kontrastiert mit ihrem, er reibt seinen Kopf über ihr Dreieck, sie im Schneidersitz. Es klingelt. Ich will ignorieren, höre aber von unten die Stimme von P. Ich will aufmachen, er ist aber schon durch die Balkontür herein, wir können nichts mehr miteinander anfangen, Busenfreund der Jugendjahre, aber diverse Musikgeräte stehen im Keller, eigentlich will er Gitarre spielen, kommt kurz hoch, Evita hat sich einen Slip angezogen und sich die Decke umgebunden, ab und zu blitzt bei Bewegungen ein Stück von ihrem Busen hervor, das gefällt ihm gut, wir erzählen ihm von unseren Experimenten, das gefällt ihm gar nicht, verstört nippt er an seiner Kaffeetasse, ”ihr probiert auch jeden Scheiß!”, er verschwindet in den Keller, man hört krachige Riffs, wir sind beide schlagkaputt, dösen trotz des marshallverstärkten Gitarrenlärms ein, irgendwann hört der Lärm auf, wahrscheins wachen wir davon auf, er ist wohl wieder weg, wir nehmen einander in den Arm, bis auf eine seltsame Leere, Erschöpfung und einige wachsartige Sensationen im Schädel sind die Symptome inzwischen fast völlig abgeklungen. Unsere Münder berühren sich, die Zungen spielen

Miteinander, eine Gier kommt auf, trotz der Erschöpfung, irgendwann bin ich in ihr, sie hat an ihrer Wundheit zu kauen, es brennt, aber es muss sein, es geht auch nicht so lang, ich ergieße mich, das verknotete Kondom fliegt in eine Ecke. ”Ich muss jetzt gehen!” Trauer in der Stimme. Sie pellt sich in den süßen Sommermini. Ich stehe lange in der Tür und starre dem knatternden Solex hinterher.


Aus: Wolfgang Sterneck (Hg.) / Erotika - Drogen und Sexualität.

www.bdolfkunst.de

Dank an Bdolf.

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