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DEPORTATION CLASS
- Online-Aktionen gegen das Geschäft mit Abschiebungen
- DeportationClass: Gegen das Geschäft mit Abschiebungen
- 20. Juni 2001: Online-Demonstration against Deportation Business.
- Online Demonstration: Virtuelles Sit-In auf dem Lufthansa-Server erfolgreich: Websites
der Lufthansa zeitweise lahmgelegt
- Online gegen Abschiebungen: 150 Antirassismus-Gruppen wollen am 20. Juni die Lufthansa-Homepage blockieren. Protest-Software auf 30 Internetseiten veröffentlicht.
- Leere Bildschirme bei der Lufthansa-Aktionärsversammlung? Antirassistische Gruppen wollen während der Aktionärsversammlung der Lufthansa AG am 20. Juni das Internetportal der Fluglinie blockieren.
Die Online-DemonstrantInnen fordern ein Ende der Abschiebungen mit Lufthansa Maschinen.
- Denial of service, virtual reality sit-in, hacktivsm? : Zur Geschichte des elektronischen zivilen Ungehorsams.
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Berlin, 20.06.2001
Online-Demonstration
Virtuelles Sit-In auf dem Lufthansa-Server erfolgreich
Websites der Lufthansa zeitweise lahmgelegt
"
Die Demo war ein voller Erfolg", so eine erste Bilanz
der OrganisatorInnen der Online-Demonstration gegen die Lufthansa.
"Das schmutzige Abschiebegeschäft hat die Aufmerksamkeit
erfahren, die es verdient," sagt die Kampagnensprecherin Anne
Morell. "Wer Zeitung liest, weiss nun, dass die Lufthansa Menschen
gegen ihren Willen ausser Landes verfrachtet und auch noch davon
profitiert."
Das Ziel sei der Demo sei nicht ein technisches Knockout des Servers
gewesen, sondern durch eine massive Beteiligung und Berichterstattung
die Kritik an den Abschiebeflügen zu verstärken. Parallel
zur Online-Demo hatten etwa 150 AktivistInnen auf der Lufthansa-Aktionärsversammlung
mit Strassentheater protestiert und zeitweise die Reden der Vorstandsmitglieder
unterbrochen.
Die Online-Demonstration war von zahlreichen AbschiebegegnerInnen
aus dem In- und Ausland unterstützt worden. Wieviele DemonstrantInnen
aber tatsächlich zwischen 10 und 12 Uhr online waren, ist nicht
bekannt: "Wir wissen nur, dass es sehr viele waren. Die Lufthansa
hat technisch alles aufgefahren, was zur Vefügung stand, und
trotzdem wackelte der Server" so Anne Morell.
Trotz der angekündigten Sicherung des Internetportals war
der Lufthansa-Server schon kurz nach zehn Uhr für etwa zehn
Minuten nicht erreichbar. Die Online-DemonstrantInnen hatten mithilfe
einer eigenen Software in Hochgeschwindigkeit auf Lufthansa-Rechner
zugegriffen. 'kein mensch ist illegal' und 'Libertad!' machten damit
wahr, was sie dem Konzernvorstand bereits am vergangenen Montag
per email angekündigt hatten: "Lufthansa Goes Offline".
Im Lauf des 20. Juni wurden widersprüchliche Meldungen über
den Verlauf der Online-Demo bekannt. Mancherorts waren Lufthansa-Seiten
mit nur leichter Verzögerung erreichbar, in anderen Regionen
liess sich dagegen nicht einmal die Startseite aufrufen. "Die
Lufthansa kappte pauschal, ohne Ansehen von Kundin oder Demonstrant,
IP-Netze, von denen viele Anfragen ausgingen", erklärt
Anne Morell die regionalen Unterschiede.
Anderen Berichten zufolge waren statische Seiten zwar verfügbar,
aber bei Flugabfragen traten erhebliche Probleme auf. Um die massiven
Zugriffe der AbschiebegegnerInnen aufzufangen, habe der Konzern
auf ein zusätzliches Breitbandnetz zurückgegriffen und
dafür den möglichen Verlust von Flugbuchungen in Kauf
genommen: beim Umschalten von einem in das andere Netz gingen wohl,
so die AbschiebegegnerInnen, temporäre Benutzerdaten verloren.
Unterdessen haben WissenschaftlerInnen verschiedener Universitäten
berichet, dass die Einwahl über das Deutsche Forschungsnetz
heute blockiert war. Die Frage stellt sich, ob damit die Beteiligung
von StudentInnen und WissenschaftlerInnen mit Breitbandleitungen
an der Online-Demo torpediert werden sollte.
"Auf Kosten der Funktionalität versuchte die Lufthansa,
das Image des aufstrebenden Netz-Konzernes und den Schein ständiger
Erreichbarkeit zu retten", resümiert die Online-Aktivistin
Morell die Gegenstrategie der Lufthansa: "Die Webseite glich
einem Potemkinschen Dorf".
Die Sorge um das Image sei allerdings mehr als verständlich:
noch nie ist soviel über das Abschiebegeschäft der Lufthansa
berichtet worden wie in den letzten Tagen. "Es wäre wünschenswert,
wenn die Verantwortlichen bei der Fluglinie daraus die einzig angemessene
Konsequent zögen", meint Anne Morell: "Schluss mit
dem Abschiebegeschäft."
Für kein mensch ist illegal und Libertad!,
Jan Hofmann und Sven Maier
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Berlin, 18.06.2001
Online gegen Abschiebungen
150 Antirassismus-Gruppen wollen am 20. Juni die Lufthansa-Homepage
blockieren.
Protest-Software auf 30 Internetseiten veröffentlicht.
150 Antirassismus-Initiativen kündigten heute in einem Brief
an den Vorstand der Lufthansa AG ein virtuelles Sit-In auf dem Internetserver
der Fluglinie an. Die Online-Demonstration während der Aktionärsversammlung
des Konzerns richtet sich gegen die jährlich etwa 10 000 Abschiebungen,
die mit Lufthansa-Maschinen durchgeführt werden.
"Es ist ein schmutziges Geschäft, mit Abschiebungen Geld
zu verdienen", schrieb Demo-Anmelder Jan Hofmann heute an den
Vorstand der Fluggesellschaft, "reichen zwei Tote nicht, um
endlich die Konsequenzen zu ziehen?" 1994 war der Nigerianer
Kola Bankole, 1999 der Sudanese Amir Ageeb bei Abschiebungen auf
Lufthansa-Linienflügen zu Tode gekommen.
Seit dem späten Sonntag abend, drei Tage vor der virtuellen
Demo, wird eine "Online Protest Software" auf 30 Internetseiten
im In- und Ausland angeboten. Mit Hilfe des Softwarepaketes könnten
AbschiebegegnerInnen den Lufthansa-Server am kommenden 20. Juni
durch Zugriffe überlasten, sagt Kampagnensprecherin Anne Morell.
Die Software dringe nicht in geschlossene Systeme ein und zerstöre
keine Daten, verspricht die Online-Aktivistin. Jede und jeder solle
teilnehmen können: neben der Installation von Protest-Programmen
für Windows- und Linux-Systeme besteht auch die Möglichkeit,
am 20. Juni ein Programm direkt auf der Homepage der AktivistInnen
zu starten. So kann virtuell mitdemonstrieren, wer im Internetcafé oder auf dem Arbeitsplatz nichts aus dem Internet herunterladen
darf - oder einen Macintosh zuhause hat.
Drohen nun leere Bildschirme bei www.lufthansa.com? Die Fluggesellschaft
will am 20. Juni um 10 Uhr eigentlich die Rede des Vorstandsvorsitzenden
Jürgen Weber über ihr Internetportal live streamen. Wenn
nun, wie Abschiebegegnerin Morell prophezeit, stattdessen nur "leere
Bildschirme und lange Nasen" auf der Aktionärsversammlung
zu sehen sein werden? Sicherlich kein guter Start für das ehrgeizige
"Online Travel Portal", das der Konzern mit weiteren Fluglinien
im Herbst eröffnen will. "Bei uns können sie am 20.
Juni den Kranich im Sturzflug sehen", verspricht dagegen die
Abschiebegegnerin Morell. Die Initiativen wollen den Verlauf ihrer
Aktion auf einer eigenen Internetseite, die kurzfristig bekanntgegeben
werden soll, dokumentieren.
Die Online-DemonstrantInnen, die von zahlreichen internationalen
Antirassismus-Gruppen unterstützt werden, ernten indes nicht
nur Zustimmung. Am 10. und 17. Juni wurden die Mail-Adressen der
OrganisatorInnen mit knapp 12 000 emails bombardiert - Absender:
NPD.net. Die Neonazis hatten versucht, sich hinter einer falschen
Adresse ("www.pds-online.de") zu tarnen. "Der Inhalt
war von der Qualität, die man vom Absender erwarten kann",
so Anne Morell, "Datenmüll, den wir einfach auf dem Server
gelöscht haben".
Für Libertad! und kein mensch ist illegal,
Sven Maier
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Berlin, 10.05.2001
Internet-Demonstration: Leere Bildschirme bei der Lufthansa-Aktionärsversammlung?
Antirassistische Gruppen wollen während der Aktionärsversammlung
der Lufthansa AG am 20. Juni das Internetportal der Fluglinie blockieren.
Die Online-DemonstrantInnen fordern ein Ende der Abschiebungen mit
Lufthansa Maschinen.
Schwere Zeiten für die Lufthansa AG: nach einer schlechten
Quartalsbilanz und mitten im Tarifstreit mit Cockpit droht dem Aviation
Konzern nun auch noch eine Internetdemonstration die Aktionärsversammlung
am 20. Juni in Köln zu vermiesen: AbschiebegegnerInnen werfen
dem Konzern "Deportation Business" vor und trommeln auf
einer eigenen Webseite mit der programmatischen Adresse http://go.to/online-demo
für ein virtuelles Go-In bei der Lufthansa.
Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis der boomende eCommerce
auch eProtest, wie er in den USA schon bekannt ist, nach sich ziehen
würde. Für die Antirassismus-AktivistInnen von Libertad!
und kein mensch ist illegal ist dies schon eine Selbstverständlichkeit:
"Das Internet ist ein neuer öffentlicher Raum. Wenn man
da schmutzige Geschäfte machen kann, kann man dort auch demonstrieren",
meint Kampagnensprecherin Anne Morell. Um potentiellen E-DemonstrantInnen
die Teilnahme zu ermöglichen, wollen die OrganisatorInnen eine
sogenannte "Online Protest Software" auf ihrer Website
anbieten. Und um den Charakter einer öffentlichen Demonstration
zu unterstreichen, meldete kein mensch ist illegal -Sprecher Jan
Hofmann den virtuellen Protest am 10.5.01 beim Ordnungsamt Köln
an per email, versteht sich.
Die Online-Demonstration against Deportation Business
richtet sich gegen die nach Angaben von Antirassismusgruppen jährlich
etwa 10.000 Abschiebungen, die mit Lufthansa-Linienflügen abgewickelt
werden. Seitdem am 28. Mai 1999 der Sudanese Amir Ageeb in einer
Lufthansa-Maschine unter den Misshandlungen von BGS-Beamten zu Tode
kam, sieht sich die zweitgrößte europäische Fluglinie
mit lauter werdenden Forderungen nach einem Rückzug aus dem
Geschäft mit der Abschiebung konfrontiert. Das antirassistische
Netzwerk kein mensch ist illegal hatte eine Kampagne mit dem hässlichen
Titel "Deportation Class" lanciert, pro asyl und amnesty
international schlossen sich in eigenen Stellungnahmen der Forderung
der linken Antirassismusgruppen an. Selbst die ÖTV und Cockpit
bedrängten im Herbst 2000 den Konzernvorstand, von den umstrittenen
Abschiebeflügen Abstand zu nehmen.
Zwei Tage nachdem Thierry Antinori, Lufthansa Bereichsvorstand
Vertrieb, auf der diesjährigen ITB erklärt hatte, der
Konzern plane den Online-Verkauf von einer halben Million Tickets
im Vorjahr bis zum Jahr 2005 auf 25 Prozent zu steigern, konterten
die AbschiebegegnerInnen am 7. März mit einer über Mailinglisten
verbreiteten Ankündigung, man werde die Internetportale von
Fluglinien blockieren, die mit Abschiebungen Geld verdienen.
Droht nun während der Aktionärsversammlung ein publicityträchtiger
Ausfall bei www.lufthansa.com? Das wäre ein denkbar schlechter
Start für die hochtrabenden Pläne des Netzkonzerns Lufthansa.
"Die Manager sollten sich nicht dem Gedanken hingeben, die
Verlagerung der Geschäfte ins Virtuelle könnte bedeuten,
dass nun keine Demonstrationen mehr den reibungslosen Ablauf stören",
betont Anne Morell. "Der Vorstand wollte unsere berechtigte
Kritik aber nicht beherzigen. Wir sind jetzt gespannt, ob die Online-Demo
ihre Gedanken beflügeln wird."
Für Libertad! und kein mensch illegal,
Sven Maier
http://www.geocities.com/demo4alles/dt/index.html
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Denial of service, virtual reality sit-in, hacktivsm?
Eine Einführung.
Zur Geschichte des elektronischen zivilen Ungehorsams.
Ziviler Ungehorsam ist ursprünglich das friedliche Protestieren
gegen staatliche Strukturen und Machtmissbrauch. Es ist also eine
Form des Kampfes gegen Unterdrückung, Ungleichbehandlung, Krieg
und Totalitarismus. Es gibt viele Bekannte Beispiele zivilen Ungehorsams,
zum Beispiel Gandhi, Martin Luther King, Proteste gegen den Vietnam
Krieg, gegen Atomstrom und viele mehr. Die Mittel sind ebenso vielfältig
wie wandlungsfähig.
In den USA wird die Weiterentwicklung von zivilem Ungehorsam zu
elektronischem zivilem Ungehorsam als eine logische Konsequenz der
Entwicklung des Kapitalismus zum Informationszeitalter gesehen und
diskutiert. In der Vergangenheit war es möglich, "..die
Machthaber ausfindig zu machen und anzugreifen" (Critical Art
Ensemble; "Elektronischer ziviler Ungehorsam"; Aus: "Netzkritik
- Materialien zur Internet-Debatte", Editon ID-Archiv 1997).
Es war möglich sich zum Ort des Geschehens zu bewegen und dort
den normalen Ablauf zu stören oder sonst irgendwie zu behindern.Im
Gegensatz zur Vergangenheit treten die Mächte im Kapitalismus
heute und in Zukunft immer weniger lokal gebunden auf. In einer
Zeit, in der nicht mehr nur Staaten sondern zunehmend auch Firmen
wichtige Mächte sind, wird es wichtig die Frage zu stellen,
wo es wirksamen Protest geben kann. Diese Firmen haben ihre Zentralen
zumeist weitab der Folgen ihrer menschenverachtenden Konzernpolitik
und sind wenig beeindruckt von Protesten vor einem ihrer Bürohäuser.
Daraus folgt eine Notwendigkeit, die Taktiken des zivilen Ungehorsam
neu zu justieren. Denn diese Taktiken beruhten immer noch auf der
Annahme, dass es kein Problem sei, einen politischen Erfolg lediglich
durch Sitzblockaden zu erzielen. Es wird notwendig, kapitalistische
Strukturen durch breiter angelegte Vorgehensweisen zu stören.
Zum Beispiel mit Mitteln der "Imageverschmutzung". Ein
Teil davon kann elektronischer ziviler Ungehorsam sein.
Ein wichtiger Akteur bei der Entwicklung des Konzeptes von elektronischem
zivilen Ungehorsam war und ist das Critical Art Ensemble (CAE).
Das CAE hat sich dem Erforschen der Zusammenhänge zwischen
Kunst, Technologie, radikaler Politik und kritischen Theorien verschrieben.
Sie gehen davon aus, daß sich der Kapitalismus radikal verändert
hat.
Die erste dokumentierte Aktion im Rahmen dieses neuen Konzeptes
fand am 21. Dezember 1995 statt. Die Gruppe "Strano Network"
veranstaltete ein virtuelles sit-in auf verschiedenen Seiten der
französischen Regierung, um gegen die Atomtests auf dem Pazifikatoll
Mururoa zu protestieren. Internetnutzer waren dazu aufgerufen, diese
Seiten für eine Stunde immer wieder aufzurufen. Dies hatte
wenig Konsequenzen, da das Internet damals noch nicht die Popularität
von heute besass und deshalb wenig Resonanz und Teilnahme zu verzeichnen
war. Erst drei Jahre später, am 29. Januar 1998, gab es die
nächste direkte Aktion im Internet. Von 16.00 bis 17.00 Uhr
wurden verschiedene Seiten von mexikanischen Finanzinstituten blockiert.
Eine "Anonymous Digital Coalition" hatte dazu aufgerufen
mit dem Ziel, auf den Krieg zwischen der mexikanischen Armee und
der Guerrilla-Organisation EZLN in der Provinz Chiapas aufmerksam
zu machen. Das Electronic Disturbance Theater(EDT) gilt heute als
Vorreiter des elektronischen zivilen Widerstandes. "The Zapatista
Networks, in the spirit of Chiapas are developing methods of electronic
disturbance as sites of invention and political action for peace.
At this point in time it is difficult to know how much of a disturbance
these acts of electronic civil disobedience specifically make. What
we do know is that neoliberal power is extremely concerned by these
acts" (Dominguez, Ricardo; "Digital Zapatismo").
In der folgenden Zeit gab es noch weitere Aktionen dieser Art.
Unter anderem gegen das Pentagon, die Frankfurter Wertpapierbörse,
sowie gegen die WTO-Veranstaltungen in Seattle und Prag wurde versucht,
mit elektronischen Mittel vorzugehen. Diese Aktionen waren wesentlich
weniger erfolgreich. Das Pentagon war wenig beeindruckt und benutzte
Abwehrmaßnahmen gegen die wohl zahlenmäßig nicht
ausreichenden TeilnehmerInnen. Im Dezember 1999 begann die bisher
wohl bedeutendste und erfolgreichste Kombination von Imageverschmutzung
und elektronischem Widerstand. Innerhalb von ca. drei Monaten verlor
der Aktienkurs von eToys (eine US-Amerikanischen eCommerce Plattform
für Spielzeug) über 2/3 des Ursprünglichen Wertes.
Der Konzern hatte versucht, die Internetadresse etoy.com zu bekommen
und war am Widerstand der Menschen gescheitert, die sich diese gesichert
hatten, um gegen die Kommerzialisierung des Internets künstlerisch
zu protestieren. eToys gab auf, nachdem der Aktienkurs der Firma
nur noch durch institutionelle Anleger vor einem Absinken ins Bodenlose
gehalten wurde.
Auch in Europa gibt es Gruppierungen, die sich dem Netzaktivismus
widmen. Viele italienische Gruppen waren an der "Anonymous
Digital Koalition" beteiligt. "Reclaim The Streets"
und viele andere Gruppen benutzen das Internet als Möglichkeit
Informationen schnell und punktgenau zu verbreitern. Das Projekt
"IndyMedia" bietet sich als Medium für wirklich unabhängige
Berichterstattung an. Eine britische Gruppierung, die "eHippies",
versucht schon länger das Internet als Ort für direkte
Aktionen zu etablieren. Die aktuellste Internetaktion ist wohl im
Frühjahr diesen Jahres durchgeführt worden. Aus Zentralrechnern
wurde die Kreditkartennummern vieler Teilnehmer des WEF in Davos
direkt in die Öffentlichkeit kopiert. Darunter die von Bill
Clinton und Jassir Arafat. Elektronischer ziviler Ungehorsam ist
jung aber vielseitig. In Verbindung mit Aktionen anderer, d.h. nicht
elektronischer, Art lässt sich für die Zukunft ein großes
Potential ausmachen. Nutzen wir es!
Server side vs. Client side ddos
Im Februar 2000 waren die Server von Yahoo, CNN und eBay für
einige Zeit nicht erreichbar. Wie sich später herausstellte,
waren sie Ziel einer "server side distributed denial of service"
(ddos) Aktion geworden. Dadurch wurden Aktionen dieser Art einer
breiten Öffentlichkeit auch in Deutschland bekannt. Um nicht
mit den Menschen in eine Schublade geworfen zu werden, die diese
Aktionen durchgeführt hatten, lancierte die Gruppe "eHippies"
einen Diskurs über die Legitimität von "ddos"
Aktionen. Diese Gruppe unterscheidet Aktionen, die von einer bzw.
wenigen Personen durchgeführt werden (server side ddos) und
solche, für deren Erfolg viele teilnehmende Menschen nötig
sind (client side ddos). Der Unterschied zwischen "server side"
und "client side" besteht darin, dass bei der "server
side" Aktion die beteiligten Computer meistens Großrechner
sind und ihre Besitzer nicht wissen, das ihr Rechner einen anderen
mit Informationen "bombardiert". Bei "client side
ddos" müssen viele Menschen vor ihrem PC (oder in einem
Internet Cafe, der Uni etc.) sitzen und mitmachen, um die Aktion
zu einem Erfolg werden zu lassen. "Our method has build within
it guarantee of democratic accountability. If people don`t vote
with their modems (rather than voting with their feet) the action
would be an abjekt failure" (Electrohippies: Occasional Paper
No.1).
Neben Gruppen wie dem EDT, dem CAE und vielen anderen denken wir,
dass das Internet Möglichkeiten des Protestes bietet, die wir
uns in keinem Fall nehmen lassen sollten. Es wird niemals andere
Formen des politischen Protestes ablösen, aber es kann die
bestehenden sicher erweitern. Diese Sichtweise stieß auf Kritik
bei anderen hackercommunities: "cult of the dead cow"
und auch der deutsche "Chaos Computer Club" (CCC) sind
der Meinung, daß diese Trennung zwischen server side und client
side keine Rolle spielt. Für diese Gruppen ist allein relevant,
daß der freie Informationsaustausch durch solche Aktionen
behindert wird, was sie als nicht zulässig betrachten. Viele
"hacker" sind gegen "ddos" Aktionen gleich welcher
Art, weil sie es für unelegant halten, Programme zu benutzen,
die sich jeder einfach so aus dem Internet besorgen kann. Für
sie hat das nichts mit "hacking" zu tun, eher schon handele
es sich um ein Spiel für sogenannte "script kiddies".
Dieser Begriff bezeichnet meist Jugendliche, die sich ein Programm
aus dem Internet laden, um damit dann größtmöglichen
Schaden anzurichten bzw. aufsehen zu erreichen. "..., the pathetic
kids (literally and figuratively) committing these attacks. In many
cases, these attacks are launched with mystical scripts written
in foreign languages and just produce the desired affect. There
is no grace, no skill, and no intellect behind these attacks. You
are not a hacker and you do not deserve respect for your childish
actions" (nach Electrohippies: Occasional Paper No.1). Ein
zusätzlicher Grund für die ablehnende Haltung ist, dass
solche Aktionen Bandbreite kosten und damit alle Internetnutzer
treffen, auch jene, die nicht die Zielseite angewählt haben,
denn das Netz wird durch den Verlust von Bandbreite allgemein langsamer.
Überhaupt ist Bandbreite eines der zentralen Themen in der
"hackergemeinschaft".
Quelle:
Online-Demonstration against Deportation Business
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