|
|
- scroll down for english version -
John Holloway:
UNSER ORT, UNSERE ZEIT
Unser Ort. Dies ist unser Ort. Nicht ihrer, unserer. Unser Ort hat keine Grenzen, keine Definitionen. Sie haben ihren eigenen Ort, da drüben,
hinter den Metallzäunen, dem Stacheldraht, umgeben von Tausenden Polizisten. Dahin gehören die Massenmörder, in das Gefängnis,
das wir für sie gebaut haben. Die politischen Regierenden der Welt können sich nicht länger frei bewegen, weil wir es ihnen nicht
erlauben. Sie bewegen sich nur, wenn sie von Polizei und Bodyguards umgeben sind, hinter hohen Mauern, geschützt durch Waffen und Hubschrauber.
Sie können sich nicht frei bewegen, denn sie haben Angst vor uns.
Unsere Zeit. Dies ist unsere Zeit. Nicht ihre, unsere. Eine Zeit der Intensität, der Leidenschaft, eine Zeit der Träume, eine Zeit des
Zerbrechens der Zeit. Ein Zeit, in der wir jegliche Kontinuität verweigern, eine Zeit, um die Welt neu zu erschaffen, eine Zeit, die wir noch
nicht einmal angefangen haben zu verstehen. Wir werden bis zum Morgengrauen tanzen und noch länger, wenn wir es wollen. Ihre Zeit ist die Zeit
der Uhr, die die Sekunden des Todes tickt, die Zeit der Kontinuität, die sagt, „gehorche heute, gehorche morgen.“ Ihre Zeit ist
ihr Zeitplan, die Tagesordnung ihres Plans zur Zerstörung der Menschheit.
Unsere Musik, unser Tanz. Die ist unsere Musik, unser Tanz. Es sind nicht ihre, sondern unsere. Sie haben keine Musik, die einzige Musik, die
sie kennen, ist die Musik, die sie laut aufdrehen, um die Schreie der Menschen zu unterdrücken, die sie in Guantanamo und in Gefängnislagern
und Gefängnissen weltweit foltern. Den einzigen Tanz, den sie kennen, ist der Marsch ihrer Soldaten, die die Welt mit Füßen treten.
Unser Ort, unsere Zeit, unsere Musik, unser Tanz. Wir sind das Zentrum der Welt.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern. Insbesondere in diesen elenden Zeiten. Insbesondere, wenn sie mit dem Vierten Weltkrieg gegen uns angefangen
haben, den Krieg aller Staaten gegen alle Menschen. Insbesondere, wenn das Kapital seine Orgien feiert. Insbesondere, wenn die gewaltsame Repression
derjenigen, die eine andere Welt schaffen wollen in allen Staaten zur alltäglichen Praxis geworden ist. Sie versuchen uns unterzuordnen. Uns
zu geistlosen Robotern zu machen. Uns ihnen gleich zu machen.
Sie möchten, dass wir wie sie sind. Stellt es Euch vor, wie sie zu sein, stinkende Teile der Unmenschlichkeit – alleine der Gedanke daran
lässt einen speiübel werden. Dies ist das Letzte auf der Welt was wir werden wollen. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, durch
Brutalität, durch Verführung, durch Bestechung, versuchen sie uns sich gleich zu machen, wie sie zu handeln. Dies ist der wirkliche Feind,
nicht nur sie, sondern wie sie zu werden. Wie viele Revolutionen sind in der Vergangenheit so geendet, indem die revolutionären Führer
zu neuen Herrschern wurden! Wie viele revolutionäre Bewegungen sind bereits in der gewalttätigen, sinnlosen Konfrontation zweier Armeen
stecken geblieben, und jeder Gedanke an die menschliche Emanzipation seit langem verloren gegangen! Wenn wir ihnen gleich würden, könnten
wir nicht erschaffen, könnten wir nicht lieben, wir könnten nicht tanzen.
Die Asymmetrie ist also der Schlüssel zu unserem Kampf. Keine Symmetrie. Vor allem das: keine Symmetrie. Unsere Waffe ist die, dass wir nicht
so handeln wie sie, dass wir nicht so reden wie sie, dass wir nicht so aussehen wie sie, dass sie uns nicht einmal verstehen.
Gegen ihre Wände und Absperrungen setzen wir unseren Ort ohne Grenzen. Gegen ihre Uhr unsere Zeit der Intensität und Entspannung. Gegen
das Geräusch ihrer Leere unsere Musik. Gegen ihren Marsch unseren Tanz.
Gegen ihre Hierarchie unsere Horizontalität. Gegen ihren Staat unsere Versammlungen. Gegen ihre repräsentative Demokratie unsere Selbstbestimmung.
Gegen die Brutalität ihrer Gewalt, die Kreativität einer Selbstverteidigung mit breiter gesellschaftlicher Unterstützung.
Gegen ihre Selbstzufriedenheit unseren Zorn. Gegen ihren Hass unsere Liebe. Gegen ihren Tod unser Leben. Gegen ihr Geld unsere Würde. Gegen
ihre Zerstörung unsere Kreativität. Gegen ihre Arbeit unser Tun.
Gegen ihre geschlechtliche Zweiteilung unsere vielfältige Perversität. Gegen ihre Definitionen unser Überfließen. Gegen ihre
Prosa unsere Poesie. Gegen ihre Substantive unsere Verben. Gegen ihre Aufgeblasenheit unser Gelächter. Gegen ihre Arroganz unser Wissen, dass
sie von uns abhängig sind. Gegen ihre Dauerhaftigkeit unser Wissen, dass wir sie produzieren und sie zu existieren aufhören werden, wenn
wir sie morgen nicht produzieren. Gegen ihre Herrschaft unsere Aufsässigkeit. Gegen ihre Kontrolle unsere Welt, die sie nicht kontrollieren
können, die sie niemals kontrollieren werden können.
Unser Ort, unsere Zeit, unsere Musik, unser Tanz. In diesem Moment sind wir das Zentrum der Welt. Lasst es uns genießen!
----------------
John Holloway:
OUR PLACE, OUR TIME
Our place. This is our place. Not theirs, ours. Ours is a space without borders, without definitions. They have their own place, over there,
behind the metal barriers, the barbed wire, surrounded by thousands of police. That is where the mass murderers belong, in the prison that we
have created for them. The political leaders of the world move only when they are surrounded by police and bodyguards, behind high walls, protected
by guns and helicopters. They cannot move freely because they are afraid of us.
Our time. This is our time. Not theirs, ours. A time of intensity, a time of passion, a time of dreams, a time of breaking time. A time in which
we refuse all continuity, a time for making the world anew. We shall dance to dawn and beyond if we want. Their time is the time of the clock that
ticks the seconds of death, the time of continuity that says “obey today, obey tomorrow”. Their time is the timetable of their plan
to destroy humanity.
Our music, our dance. This is our music, our dance. Not theirs, ours. They have no music, the only music they know is the music they turn up
loud to drown the screams of the people they are torturing in Guantanamo and in prison camps throughout the world. The only dance they know is the
march of their soldiers who are trampling over the world.
Our place, our time, our music, our dance. We are the centre of the world.
It is important to remember that. Especially in these miserable times. Especially when they have launched the Fourth World War against us, the
war of all states against all people. Especially when capital is celebrating its orgies. Especially when the violent repression of those who want
to create a different world has become the routine practice of all states. They are trying to subordinate us. To make us mindless robots. To make
us like them.
They want us to be like them. Imagine, to be like them, stinking bits of inhumanity – the very thought is sickening. That is the very last
thing on earth that we want. By every means possible, by brutality, by seduction, by bribery, they try to make us to be like them, to act like them.
That is what the real enemy is, not just them but becoming like them. How many revolutions have ended like that in the past, with the revolutionary
leaders becoming new rulers! How many revolutionary movements have become bogged down in the violent meaninglessness of one army confronting another,
all thoughts of human emancipation long since lost! If we become like them, we have lost.
Asymmetry, then, is the key to our struggle. No symmetry. Above all, no symmetry. Our weapon is that we do not act like them, we do not talk
like them, we do not look like them, we are not even comprehensible to them.
Against their walls and barriers we set our space without frontiers. Against their clock our time of intensity and relaxation. Against the noise
of their emptiness our music. Against their march our dance.
Against their hierarchy our horizontality. Against their state our assemblies. Against their representative democracy our self-determination.
Against their institutions our organising. Against the brutality of their violence, the creativity of a self-defence rooted in popular support.
Against their police our clowns (… or?)
Against their self-satisfaction, our rage. Against their death our life. Against their money our dignity. Against their destruction our creativity.
Against their labour our doing.
Against their sexual dimorphism our polymorphous perversity. Against their definitions our overflowing. Against their prose our poetry. Against
their nouns our verbs. Against their pomposity our laughter. Against their arrogance, our knowledge that they depend on us. Against their permanence
our understanding that we make them and if we do not make them tomorrow, they will not exist tomorrow. Against their command our insubordination.
Against their control, our world that they cannot control, that they will never be able to control.
Our place, our time, our music, our dance. In this moment we are the centre of the world. Let’s enjoy it!
- John Holloway at anti G8 concert in Rostock harbour, June 3 2007. -
Thanks to John Holloway.
|